Dienstag, 29. Juni 2010

Dienstag, der 29. Juni 2010

POP-POESIE GEGEN FAST-FOOD-GESELLSCHAFT
von rainerWsauer, Autor der "Rocklegende", für www.amazon. de © 2010

Die Zeiten sind vorbei, in denen Plattenfirmen einen Künstler aufbauten, Geld und Mühe in seine (und damit auch die eigene) Zukunft investiert haben. Heute ist den Musikkonzernen der schnelle Erfolg beim Publikum wichtig. Das Äußere des Künstlers/der Band muss eine medienkompatible Wirkung haben (falls nicht, so wird es entsprechend gestylt) und der Name bei den Musikfans möglichst bereits ein Begriff sein, bevor überhaupt der erste Song in den Verkauf geht; DSDS lässt grüßen.

Was für eine Qualität, welches Potential muss da ein Musiker besitzen, wenn ein traditionsreiches Major-Label wie Capitol Music (immerhin Tochter der EMI) sich all das beiseite denkt und die Entscheidung trifft, einem Mann namens xxxx xxxxxxxxx zuzugestehen, seinen Namen komplett aus einem aufwendigen Musikprojekt herauszunehmen, nur weil dieser sich der Welt lieber unter dem im ersten Moment sperrigen Künstlernamen DAS GEZEICHNETE ICH präsentieren will?


Genau diese Qualität, dieses Potential zeigt er auf seinem Debutalbum und dies um so mehr, als er dabei von Alex Silva, dem in Wales geborenen Echo-Preisträger und Hausproduzenten von Herbert Grönemeyer, unterstützt wird, dem Neco Tiglioglu im Berliner Hansa-Studio helfend zur Seite stand. Beide setzten bei der Soundproduktion für DAS GEZEICHNETE ICH auf Authentizität, angefangen bei echten Streichern an Stelle von Synthesizerflächen bis hin zu einem Barock-Trompeter und dem vielstimmigen Chor - so muss zeitgemäßer Deutscher Pop klingen.

Daher kann sich DAS GEZEICHNETE ICH über die komplette Dauer seines ersten Albums in ein für ihn perfektes Soundbett legen und sich darin wohlfühlen. Er tut dies als zeitgemäßer Songwriter und exzellenter Keyboarder, der seine Zuhörer auf eine Reise entführt in bekannte wie entlegene Ecken des Lebens, in Herzschmerz wie Glück, Nebelregionen wie Berghöhen; hier stimmt am Ende einfach alles: Songs, Stimme und Produktion. Und wer bisher zu wissen glaubte, dass die musikalische Qualität einer Band wie COLDPLAY in Deutschland nicht zu erreichen sei, der wird hier eines Besseren belehrt. Was noch hinzu kommt: Hört man sich intensiv in die Texte von DGI hinein, dann muss man zugestehen, dass Heinz Rudolf Kunze nun endgültig seinen Status als Deutschlands bester Wort-/Musik-Poet los ist, den er seit mehr als einem Vierteljahrhundert inne hatte.

Keine Frage: xxxx xxxxxxxxx alias DAS GEZEICHNETE ICH wird seinen Weg gehen und der wird ihn in Kürze wohl auch hoch in die Charts führen. Dies nicht nur, weil Capitol Music bei ihm alles richtig gemacht hat oder die Menschen das Mysterium lieben, sondern weil DGI Pop-Poesie gegen unsere Fast-Food-Gesellschaft setzt und damit allen Träumern wieder Hoffnung und entsprechende Musik gibt. Oder wie der Dichter Gottfried Benn es ausdrückte: "Ob Rosen, ob Schnee, ob Meere: was alles erblühte, verblich. Es gibt nur zwei Dinge: Die Leere und das gezeichnete Ich".

(Kleine Nachbemerkung: Was ebenfalls gefällt, ist das digitale Album-Booklet, das man beim MP3-Download kostenlos mit dazu erhällt. Daran könnten und sollten sich andere ein Beispiel nehmen.)

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von www.amazon.de © 2010

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