Dienstag, 13. Dezember 2011

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Mittwoch, der 05. Oktober 2011

In Charlys Bloggbuch werden seit Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:

IN DIESER NACHT

"In dieser Nacht
in dieser Nacht
in dieser Nacht ist es
dass Du Dich verliebst, wenn Du Dich verliebst.

In dieser Nacht
in dieser Nacht geschehen Dinge
wenn Du Dich verliebst und Dir selbst vergibst

Wie kann es kommen, dass man sich verliebt
grad' noch war man traurig und schon lockt der Trieb
und doch geht's auch subtiler, manchmal reicht 'ne fremde Hand
die dich zart berührt und führt Dich in ein Wunderland.

Plötzlich liebst Du alles, was dein Partner macht,
obwohl Du nicht tanzen kannst, tanzt Du durch die Nacht
die Worte die Du von ihm hörst, wecken Sehnsucht auf
die schon lange in Dir war, doch nun fällt es Dir auf

was Dir lange fehlte, was Du so begehst
Deine Sorgen sind vergessen und Du erfährst
dass Du nicht sehen kannst, wenn Du nicht schaust
was das Leben für Dich hat, wenn Du auf es baust
Deinen gefühlen vertraust

In dieser Nacht
in dieser Nacht
in dieser Nacht ist es
dass Du Dich verliebst, wenn Du Dich verliebst.


In dieser Nacht
in dieser Nacht geschehen Dinge
wenn Du Dich verliebst und Dir selbst vergibst

Vertrau dem was Du fühlst und zwar unmittelbar
und denke nicht immer daran, was einmal war
das ist lang vorbei und kommt niemals zurück
lass Deinen Wünschen freien Lauf und genieße Dein Glück

Zeige Deine Leidenschaft, entfessle die Lust
Lecke fremde Haut und dann tust Du was Du tust
Genieße die Musik und denke daran

In dieser Nacht
in dieser Nacht
in dieser Nacht ist es
dass Du Dich verliebst, wenn Du Dich verliebst.


In dieser Nacht
in dieser Nacht geschehen Dinge
wenn Du Dich verliebst und Dir selbst vergibst."

[Musik: Rolf Ellmer und Markus Löffel, Text: Charly Davidson, Verlag: worte&musik © 1987]

Samstag, 13. August 2011

Mittwoch, 15. Juni 2011

Mittwoch, der 15. Juni 2011

In Charlys Bloggbuch werden ab Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:

ICH BIN NICHT VERLIEBT

"Ich bin nicht verliebt, auch wenn's so aussieht
Das ist nur so 'ne blöde Phase, in der ich bin
Und weil ich ständig bei dir anruf'
Also glaub es mir, das bedeutet nichts
Ich bin nicht verliebt, nein, nein
(Chor: Das sieht nur so aus...)

Ich mag bei dir sein, aber dann merk' ich
Daß das keine Liebe ist
und wenn ich bei dir bin
Erzähl' bloß keinem Mensch davon
Ich bin nicht verliebt, nein, nein
(Chor: Das sieht nur so aus...)

(Frauenstimme: Sei still - große Jungs heulen nicht)
(Große Jungs heulen nicht)
(Große Jungs heulen nicht)
(Große Jungs heulen nicht)
(Große Jungs heulen nicht)
(Große Jungs heulen nicht)
(Große Jungs heulen nicht)

Und wenn dein Bild an meiner Wand hängt
So verdeckt es nur 'nen Fleck dort
Deshalb brauche ich es für immer dort
Ich weiß, du weißt dass das nichts zu bedeuten hat
Ich bin nicht verliebt, nein, nein
(Chor: Das sieht nur so aus...)

Ooh, du wartest schon so lange auf mich
Ooh, du wartest schon so lang'

Ooh, du wartest schon so lange auf mich
Ooh, du wartest schon so lang'

Ich bin nicht verliebt, auch wenn's so aussieht
Das ist nur so 'ne blöde Phase, in der ich bin
Und weil ich bei dir ständig anruf'
Also glaub es mir, das bedeutet nichts

Ich bin nicht verliebt
Bin nicht verliebt..."

[Musik: Eric Stewart und Graham Gouldman, Text: Charly Davidson, Verlag: worte&musik © 1983]

Montag, 9. Mai 2011

Montag, der 09. Mai 2011

In Charlys Bloggbuch werden ab Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:

ICH WEISS, WAS DU WILLST (...lass es besser lieben bleiben)

Es ist ein Uhr und Zeit für's Mittagessen,
Wenn die Sonne brennt, liege ich im Gras
und Zuhören ist mein größter Spaß.

Zuerst spricht die Mutter:
"Jakob, mach hin! Es ist Zeit, dein Zimmer aufzuräumen."
Dann redet der Vater:
"Ich denke, er sollte langsam bei uns ausziehen."
Auf der Mauer sind zwei
verliebte Vögelein - beide so scharf
wie zwei Rasenmähermesser...

Ich weiß, was Du willst, doch ich will, dass Du weißt
lass es besser lieben bleiben,
es gibt immer einen anderen Weg.

Es ist Sonntag und Herr Bauer spricht:
"Hören Sie, Sie verschwenden Ihre Zeit,
die Zukunft erwartet sie
in der optischen Industrie.
Packen Sie's an!"
Doch er erinnert sich an seine innere Stimme;
"Risiko zahlt sich nur aus, wenn du gewinnst"
- ja, in der Schule schärften sie ihm seinen Verstand
wie zwei Rasenmähermesser...

Ich weiß, was Du willst, doch ich will, dass Du weißt
lass es besser lieben bleiben
es gibt immer einen anderen Weg.

Wenn die Sonne brennt, liege ich im Gras
und Zuhören ist mein größter Spaß.
Ich? Ich bin nur der Rasenmäher...doch, wenn ich mähen muss, geb' ich richtig Gas.

[Musik: Anthony Banky/Michael Rutherford/Steve Hackett/Phil Collins/Peter Gabriel aka Genesis "I Know What I Like", Text: Charly Davidson, Verlag: worte&musik © 1986]

Sonntag, 1. Mai 2011

Sonntag, der 01. Mai 2011

In Charlys Bloggbuch werden ab Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:

WENIGSTENS DARAUF KANN MAN SICH VERLASSEN
(wiederveröffentlicht anlässlich des Todes von Osama Bin Laden)

"Dass die Dinge des Lebens nicht immer so ablaufen
Wie man es erwartet, wenigstens darauf kann man sich verlassen
Zum Beispiel in der Politik, bei der manchmal alles anders kommt, als angekündigt
Und oft doch so geschieht, wie es vorauszusehen war
Außer natürlich für diejenigen, die es vorauszusehen hatten
„Das war so nicht vorauszusehen“ sagen sie uns und fügen an
„Wir haben getan, was wir konnten“ - wenigstens darauf kann man sich verlassen

„Hauptsache gesund“ sagen die Menschen
Und das stimmt ja auch: die Gesundheit ist die Hauptsache
Jeglicher Gesundheitsreform - nicht das Geld. Gott bewahre!
Wenn die Finanzierung die Hauptsache wäre und dann erst die Gesundheit käme
Dann wäre dies das Ende einer Gesundheitsreform
Und man müsste das Ganze umbenennen in Gesundheitsfinanzierungsreform
Aber, da das irgendwie negativ klingt: Gesundheitsfinanzierungsreform
Nennt man es Gesundheitsreform, darauf kann man sich verlassen

Vieles wird ja dadurch verharmlost, dass man den Begriffe dafür verharmlost
Nehmen wir einmal den Soldat, der getötet wurde
Und doch nicht wirklich gestorben ist, wenn man darüber redet
Er ist „im Kampf gefallen“, ganz so, als ob er gleich wieder aufstehen könnte
„Was ist passiert“ fragt die Mutter und bekommt als Antwort: „Ihr Kind ist gefallen“
In Afghanistan oder im Irak oder anderswo auf der Welt
Wo immer Soldaten - Achtung! - „den Frieden sichern“
Und der Gegner, der wird in der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit, nicht erschossen
Er verbrennt nicht in seinem Panzer oder wird von Streubomben zerfetzt - nein
Er wird „ausgeschaltet“, wie eine Lampe
Einfach ausgeschaltet, ganz so, als ob man sie oder ihn jederzeit
Wieder einschalten könnte, wenn es notwendig sein sollte

Jetzt macht auch der Satz einen Sinn: „Der Letzte macht das Licht aus“
Eine Metapher, wie vieles in unserem Leben
Wenigstens darauf kann man sich verlassen."

[Text: Charly Davidson, Verlag: worte&musik © 1994]

Freitag, 29. April 2011

Freitag, der 29. April 2011


Guide me, O Thou great Redeemer
Pilgrim through this barren land.
I am weak, but Thou art mighty;
Hold me with Thy powerful hand.
Bread of Heaven, Bread of Heaven,
Feed me till I want no more;
Feed me till I want no more.

Open now the crystal fountain,
Whence the healing stream doth flow;
Let the fire and cloudy pillar
Lead me all my journey through.
Strong Deliverer, strong Deliverer,
Be Thou still my Strength and Shield;
Be Thou still my Strength and Shield.

Lord, I trust Thy mighty power,
Wondrous are Thy works of old;
Thou deliver’st Thine from thralldom,
Who for naught themselves had sold:
Thou didst conquer, Thou didst conquer,
Sin, and Satan and the grave,
Sin, and Satan and the grave.

When I tread the verge of Jordan,
Bid my anxious fears subside;
Death of deaths, and hell’s destruction,
Land me safe on Canaan’s side.
Songs of praises, songs of praises,
I will ever give to Thee;
I will ever give to Thee.

Musing on my habitation,
Musing on my heav’nly home,
Fills my soul with holy longings:
Come, my Jesus, quickly come;
Vanity is all I see;
Lord, I long to be with Thee!
Lord, I long to be with Thee!

Sonntag, 24. April 2011

Samstag, der 24. April 2011

In Charly Davidsons Blog "Spirit Of Germany" werden ab Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:

DIE HELDEN DES SWING

Es ist kühl in der Nacht
Denn im Park hat es bis eben geregnet
Am Südufer des Flusses bleibst du einfach stehen
Irgendwo spielt 'ne Band einen Dixie
Und es tut dir gut diese Musik zu hören.

Du schlenderst hin und triffst kaum eine Menschenseele
Die aus dem Regen hierher kam um den Jazz zu hören
Zu viele Bands an zu vielen andren Orten
Aber kaum eine hat so einem Sound
Südlich von London, südlich von London ist das eben so.


Doch da ist Gitarren-George, der kennt alle Akkorde!
Und er achtet darauf, daß es nicht weinerlich klingt
Denn er hat nur diese eine alte Gitarre
Wenn er ins Rampenlicht tritt und seinen Part spielt.

Und Harry macht's nichts aus, wenn ihn keiner beachtet
Er hat mächtig zu tun und es macht ihm auch noch Spaß
Spielt das Schlagzeug so wie ein ganz Großer
Freitag Nachts gibt er alles
Mit den "Helden ...", mit den "Helden des Swing".

Ein paar angetrunkene Jungens albern herum in einer Ecke
Haben ihre besten braunen Hosen und Plateauschuhe an.
Die interesseren sich 'nen Scheiß für die Trompeten
Denn so was ist nicht gerade Rock and Roll
Und die Helden ...
die Helden spielen Creole.

Und der Sänger, der geht geradewegs zum Mikrofon
Und er sagt als die Glocke zur Sperrstunde schlägt:
"Vielen Dank, gute Nacht, es ist Zeit zu gehen."
Und dann redet er mit der Stimme des 'King':
"Wir sind die Helden ...
wir sind die Helden des Swing!"

[Text: Charly Davidson. Musik von Mark Knopfler "Sultans Of Swing"/ 1978, Verlag: worte&musik © 1985]

Mittwoch, 6. April 2011

Mittwoch, der 06. April 2011

Nach Ansicht von Autor Rainer Sauer brauchen zeitgenössische Schriftsteller juristischen Beistand. "Als jemand, der ein Buch über eine fiktive Rocklegende schreibt, kommt man in Deutschland ohne Anwalt nicht mehr aus", sagte Sauer dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

In diesem Sommer sollte seine "Rocklegende" in einem Berliner Verlag erscheinen. Doch in letzter Sekunde stoppte der Verlag den Druck, nachdem eine einstweilige Verfügung gegen das Buch angedroht worden war. Eine Frau glaubt, darin porträtiert zu werden, und fühlt sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Sauer wird seine "Rocklegende" nun den Wünschen der juristischen Gegenspielerin anpassen und dann im Sommer 2012 auf den Markt bringen.

Donnerstag, 17. März 2011

Donnerstag, der 17. März 2011

Zum Tode von Steve Griffin

Wer Steve Griffins Büro in der Londoner "ELECRONICLE"-Redaktion betrat, merkte schnell, dass hier kein Durchschnittsredakteur seinen Platz hatte: Nicht nur, dass die Unordnung auf Tisch und Boden phänomenal war - was immer sich an Sondermüll der Pop- und Elektronikkultur angesammelt hatte, zeugte davon, dass hier ein ziemlich weltgewandter, mit den Codes der Gegenwart vertrauter Schreiber hauste. Und dann waren da noch an den Wänden Plattencover und Plakate, die Griffin, vor allen in den 80er- und 90er-Jahren selbst gestaltet hatte. Aha, dachte man dann, der Kerl ist auch ein Künstler, was durchaus richtig war, hatte er doch einst eine ganze Zeit lang bei "Hipgnosis"-Masterbrain Storm Thorgerson gearbeitet, bevor er komplett ins Journalistenfach wechselte.

Nach einer längeren drögen Phase hatte "ELECRONICLE", in den frühen Achtzigern als sogenannte Zeitgeistillustrierte bekannt geworden, ab 1988 richtig Fahrt aufgenommen. Prägende Schreiber waren Simon Williams (der heute beim "New Musical Express"/"NME" ist)und Paul Stokes, der auf der letzten Seite des Heftes seine geharnischten Kolumnen schrieb. Keiner aber hat das Blatt in dieser Zeit so verkörpert wie Steve Griffin.

Griffin war Mitte 30. Ein gewitzter, zurückhaltender, schmaler Junge aus Bristol, der sich gern die Ärmel seines Wollpullovers über die Handgelenke zog. Wohl nie hat ihn damals in der Öffentlichkeit jemand ohne Schirmmütze gesehen. Für eine gewisse Zeit war Griffin fast ein Popstar - oder zumindest Inbegriff des Popjournalisten. Popjournalismus, diese in den Neunzigern neu entstandene Form des Journalismus, hatte weniger damit zu tun, dass seine Schreiber bevorzugt über die Phänomene der Popkultur schrieben, die damals in den Medien noch kaum vorkam, sondern dass sie die Grenzen zur Literatur so weit zu überschreiten versuchten, wie das die festgezurrten Formate der Branche zuließen. Popjournalismus zeichnete sich durch dreierlei aus: 1. Phantasie war wichtiger als Recherche; 2. kein Satz sollte so geschrieben sein, wie man es auf den Journalistenschulen beigebracht bekam. Und, 3., die Texte waren ziemlich subjektiv.

Niemand beherrschte dieses Genre bis heute so wie Steve Griffin. Als er Madonna in Paris zum Interview traf, schrieb er kaum über Madonna selbst, sondern erstmal darüber, dass man ihn nicht zum Interview ins Ritz lassen wollte. Als ihn eine Plattenfirma zu Bod Dylan schickte, kamen in seinem Text zwar Gott und der Teufel vor, kaum aber Dylan selbst - das Label, das den teuren Flug bezahlt hatte, war entsetzt.

In keinem seiner Texte aber konnte man die Prinzipien seiner Arbeitsweise (und damit die des Popjournalismus) so konzentriert wiederfinden, wie in einem Interview, das er vor anderthalb Jahrzehnten mit Sänger Bono von U2 führte.

Nicht nur, dass Fragen wie die, ob er als Kind zum Mond reisen wollte, für den in Formelhaftigkeit erstarrten Kulturjournalismus dieser Zeit ziemlich ungewöhnlich waren. Griffin kletterte während des Gesprächs mit dem Sänger aus dem Zimmer durch ein Fenster aufs Dach, im veröffentlichten Interview kam die Szene ebenso vor wie die Passagen, in denen nicht der Interviewer den Popstar, sondern der Popstar den Interviewer befragte. Mit Griffin hatte der Journalist in diesem Moment seinem ihm sonst gebührenden Platz im Off, im Hintergrund, verlassen und war selbst auf die Bühne getreten und Bono hatte erkannt, was für einen hochkarätigen Interviewer er da vor sich hatte. Die "ELECRONICLE"-Redaktion setzte daneben ein Foto, auf dem Griffin genauso groß zu sehen war wie Bono; wahrscheinlich hatten sie da längst gemerkt, dass sie nicht irgendeinen Redakteur beschäftigten - sondern DEN Journalisten der Neunziger schlechthin.

1999 wurde "ELECRONICLE" für acht Jahre eingestellt, denn die Errungenschaften des Popjournalismus, der zu Beginn so neuartig und spielerisch gewesen war, sickerten langsam durch die Medienbranche. Sie sind heute im Kulturteil des "SPIEGEL" ebenso selbstverständlich geworden wie bei "Bild am Sonntag" und kommen selbst in den bemüht witzigen ARD-Einspielfilmchen der Fußballweltmeisterschaft vor.

Doch wie so oft bei Epochenbrüchen waren es nicht die Vorreiter, die Karriere machten, sondern eine weniger stürmische Nachhut. Steve Griffin schrieb nun für die "TIMES" ebenso wie für den "NME", in Deutschland laß man ihn im Magazin der "FAZ" und gelegentlich sogar in der "BUNTE". Doch nie wieder gingen die Strömungen der Zeit, die Möglichkeiten, die eine Redaktion ihm einräumte, und Griffins unbestreitbares Talent so glücklich zusammen wie bei "ELECRONICLE".

Als das Blatt 2007 wieder neu auf den Markt kam, dieses Mal im Verlag des "NME", umwarb man Griffin, doch der weigerte sich zuerst bei dem "Klon", wie er das neue "ELECRONICLE"-Magazin nannte, mitzuwirken. Wie viele Journalisten der Zeit veröffentlichte Griffin Romane ("3 Kinds Of Sailing", "Anger") und lotete darin die von Vorbildern wie Bret Easton Ellis und Douglas Coupland vorgegebenen Möglichkeiten der Popliteratur aus. Sein eigentliches Metier aber war nicht der Roman, sondern jene schwer greifbare Mischform im Niemandsland zwischen Journalismus und Literatur.

Also nahm er 2009 seine Arbeit für "ELECRONICLE" wieder auf und interviewte den Musiker, Produzenten und Musiktheoretiker Brain O-N-E. Die Chemie muss gestimmt haben, denn der sonst erher scheue Brite stimmte weiteren Interviews mit Griffin zu und tat sogar eigentlich Undenkbares: er widmete der Journalistenlegende einen Song auf seinem aktuellen Album, den er nach Griffins ersten Romantitel benannte.

Vielersprechend war Anfang des Jahres die Ankündigung, Griffin habe sich für sein neues Buch "Tempo" in Brasilien auf die Suche nach dem Bossa-Nova-Urvater João Gilberto gemacht. Eine literarische Langzeitreportage wurde angekündigt. Steve Griffin sollte ihre Veröffentlichung Ende April nicht mehr erleben. Am Samstag ist er überraschend in London gestorben. Er wurde 55 Jahre alt.

Mittwoch, 16. Februar 2011

Donnerstag, der 17. Februar 2011

Aus dem "Timeless Music Magazine"/Australien vom Februar 2011:

WER ERFAND DIE LOUNGE MUSIK?
Ein Artikel von Rico Miller

Es wird allgemein angenommen, dass es ein Deutscher war, der 1988 die "Lounge Music" erfunden hat: Karl David Korff. Geprägt und berühmt gemacht hat er sie sicherlich, durch sein Album "Korff Musik" und mit verbaler Hilfe seines späteren Geschäftspartners Brain O-N-E. Alleine gat er sie aber nicht erfunden.

Brüder im Geiste waren zwei andere deutsche Musiker: Hans-Joachim Roedelius und Dieter Moebius (auch bekannt als "Cluster" oder "Kluster"). Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wer wen beeinflusst hat. Wie so oft in der Musik, lag die Idee der "Lounge Music" in der Luft und sowohl Korff als auch "Cluster" als auch Brain O-N-E haben ab Ende der 70er damit experimentiert und sie in den 80ern vorangetrieben. Fakt ist, dass Korff 1985 ein Konzert von "Cluster" in Hamburg besuchte, das unter dem Titel "Curiosum" stand. Korff war damals in Deutschland schon ein Rockstar unter seinem Künstlernamen Charly Davidson und so stellte er sich strategisch günstig in die erste Reihe und, erwartungsgemäß, bat man ihn zu einem Jam auf die Bühne.

Nach dem Konzert verabredete man ein Treffen, das dann zwei Jahre später im Alten Weserhof in Forst, dem Domizil der beiden "Cluster"-Musiker, stattfand. Mehrere Wochen lang war Korff bei Roedelius und Moebius (die zu der Zeit auch schon länger mit Brain O-N-E befreundet waren) in deren Studio, einem umgebauten Bauernhof, und man nahm sogar einige gemeinsame Titel auf, die allerdings bis heute nicht veröffentlicht worden sind.

Wenig später erwarb Korff dann bei Frankfurt am Main selbst einen alten Bauernhof, baute diesen zu einem großen Tonstudio um, und arbeitete dort erstmals an einem eigenen Elektromusik-Album. Heraus kam "Korff Musik": das erste "Lounge Musik"-Album der Welt. O-N-E förderte dessen Airplay, indem er dem neuen Genre den Namen gab und Korff so zum Statthalter beförderte. Der revanchierte sich, beglich 1992 O-N-Es Steuerschulden beim britischen Fiskus und beide gründeten danach ein gemeinsames Label namens "CBQ" (= "Charlys Brain Quadrant"). Roedelius und Moebius veröffentlichten weiter Alben mit eher ruhigerer Musik und wurden so nie in den kommerziell wie musikalisch einfallslosen Strudel der heutigen "Lounge Music" gezogen, aber das ändert nichts an dem Anteil, den beide an der Entstehung dieser Musikrichtung hatten.

(Übersetzung: Dunja Bauersfeld)

Montag, 17. Januar 2011

Montag, der 17. Januar 2011

Tanja Denk (geboren 1969), heute bei RTL, schreibt über ihre Begegnung mit Charly Charlyson, den sie 1999 für eine Sendung bei VIVA Zwei engagierte:

Charly Davidson war meine erste große Liebe. Ich war 13, als sein Album "Kontaktaufnahme" veröffentlicht wurde. Danach verehrte ich Davidson göttlich. Ich kannte jedes Wort seiner Songs auswendig, hörte sie ununterbrochen. An der Wand meines Zimmers hingen seine Coverhüllen, jeder konnte sie sehen und ich war mächtig stolz darauf, ein Davidson-Fan zu sein. Man muss dazu sagen, dass ich damals in einer kleinen Ortschaft in der Wetterau lebte und mit dem Bus zur Schule gefahen wurde.

Eines Montagmorgens bestieg ich den Schulbus, als an der nächsten Haltestelle andere Teenager einstiegen, die zur Gesamtschule wollten. Ich hatte meinenKassettenrekorder mitgenommen und spielte ihnen Davidson Songs vor. Vor allem der "Buschmann" gefiel mir damals sehr. Manche fanden es gut und so war ich total aus dem Häuschen. Aber genauso schnell, wie der Stolz kam, ging er auch wieder: Eine Klassenkameradin sagte, mt Nena käme Charly nicht mit.

Was für eine Demütigung. Ich hatte all meinen Mut zusammen genommen, weil ich ihnen zeigen wollte, dass in Charlys Songs eine Botschaft steckte, in jedem einzelnen seiner Songs, und erntete nun Spott und Hohn. Ich versank in meinem Sitz und hoffte, so schnell wie möglich aussteigen zu können.

Rund anderthalb Jahrzehnte später schrieb ich einen Brief an mein Jugendidol und bat um einen Gesprächstermin. Das war 1999, ich arbeitete damals für die Redaktion von VIVA Zwei. Es war ein Schuss ins Blaue, der Sender hatte nämlich eine überschaubare Reichweite, den offiziellen Weg über eine Anfrage bei der Plattenfirma brauchte ich deshalb gar nicht erst zu versuchen, die würden eh abwinken, das wusste ich.

Ich beschrieb ihm das Konzept unserer Show, die "Miete einen Star" hieß und einmal im Monat an einem Samstag lief. Einen ganzen Tag lang konnten sich Schulklassen einen Star "mieten", buchen traf es wohl besser. Und die konnten den Tag entweder mit ihm verbringen oder er bei ihnen. Mit Interviews, Besuch im Studio, Konzertvorbereitung - alles, was es an Möglichkeiten gab. Wir zeichneten das auf un dsendeten das dann von 18 bis 24 Uhr mit einer Wiederholung am Sonntag morgen.

Die Show erlaubte es uns, ungewöhnliches Material zu produzieren und sogar nie veröffentlichtes oder vergessenes Material zu senden, wie es echte Fans sehen wollten. Wir dachten, dass es für Künstler kaum etwas Verlockenderes geben konnte, als einen Abend lang einen Musiksender zu "kapern" und mit Homestories, Fankontakten und den ganzen alten Kram zu glänzen.

Ehrllicherweise muss man aber sagen, dass es eine gigantische Recyclingmaschine war für Stars, die ihren Karrierehöhepunkt bereits überschritten hatten, denn nie machte bei uns ein wirklicher aktueller Star mit. Der oder die hatten das nicht nötig - und dann auch noch bei VIVA 2? - Nee!

Aber ich schmeichelte Davidson, indem ich ihm schrieb, welche unauslöschlichen Spuren er in meinem bisherigen Frauenleben hinterlassen hatte. Außerdem wusste ich, dass seine Plattenfirma gerade mit "Rückspiegel" ein Best-Of-Album plante und dachte, dass es deshalb vielleicht nicht ganz unmöglich sein sollte, dass Charly sich auf mein Angebot einlassen würde. Deshalb wartete ich ungeduldig auf eine Antwort seines Managements. Erstaunlicherweise dauerte das nicht lange. Ein oder zwei Tage später rief jemand an, der Gesprächstermin stand, eine Woche später fuhr ich nach Jena, um dort im "Cafe Wagner" am Marktplatz mein Idol zu treffen.

Davidson kam rein, streckte mir die Hand entgegen und schaute mir tief in die Augen. In meinem Brief hatte ich ihm geschrieben, wie sehr mich seine Augen immer schon fasziniert hatten. Ich hatte ihm auch geschrieben, wie sehr er mir bei der Entdeckung meiner Persönlichkeit geholfen hatte und was für eine wichtige Person er in meinem Leben gewesen war.


Als er mir so gegenüber saß, sah er unfassbar unscheinbar aus. Er hatte ein beiges Cordsakko über einem T-Shirt an, trug Vollbart und eine Ray Ban Brille. Viele Künstler, die ich kannte, sahen so oder so ähnlich aus wie er: Kunze, Maurenbrecher, Klaus Lage, um nur einige zu nennen. Trotzdem war er immer noch eine der eindrucksvollsten Persönlichkeiten der damaligen Popwelt, ausgestattet mit einer Aura, die das Gegenüber gnadenlos verschlang. Nur wenige Popstars, die ich in meiner Zeit bei VIVA Zwei traf, oder heute bei RTL, hatten oder haben eine vergleichbare Aura. Das machte ihn schon zu etwas Besonderem.

Bevor das Gespräch richtig begann, sagte Charly zu mir, dass ihn mein Brief beeindruckt habe. Er könne sehr gut verstehen, wie empfänglich ich als Jugendliche für die Botschaft seiner Zeilen gewesen war. Ich hatte ihm auch geschrieben, dass ich mich damals, in den frühen achtziger Jahren, danach sehnte, meiner Existenz zu entfliehen. An vielen Abenden saß ich in dieser prägenden Phase vor einem Teleskop und starrte in den Nachthimmel. Ich hoffte, endlich dem kleinen Ort entkommen zu können, in dem ich damals lebte.

Auch er hatte als Jugendlicher mit seinem Teleskop den Weltraum erkundet, war großer Weltraumfahrt-Fan gewesen. Er konnte also absolut verstehen, mit dem Teleskop aus meiner eigenen Welt flüchten zu wollen. Das gab mir das Gefühl, mit ihm seelenverwandt zu sein - ein Gefühl, dass ich abstrakt schon seit der "Kontaktaufnahme" hatte, und das mich hier, in diesem Moment, tief berührte.

Während unseres Gesprächs ließ Davidson unablässig ein schweres, goldenes Feuerzeug zwischen seinen Fingern rotieren. Ich werde dieses Bild nie vergessen. Ich fragte ihn, was er den gerne an diesem Tag als "gemieteter Star" machen würde? Solle die Schulklasse zu ihm kommen oder er zur Schule? Davidson bevorzugte einen Besuch in seinem Stuiokomplex in Jena, der JenaFarm, wie er ihn nannte. Dort könne er auch live spielen, sagte er. Zwar ohne seine reguläre Band, aber mit seinem Partner Helmut Prosa könne er für VIVA Zwei eine Art Listening Session machen, und das machten wir dann auch so. Als Moderatorin wünschte er sich Charly Minh-Khai Phan-Thi.

Ohne Proben ging das damals los und auf dem Hof der JenaFarm drängte sich eine Schulklasse aus Stuttgart vor der Bühne. Davidson kam, die Gitarre lässig geschultert, hatte den Vollbart abrasiert. Dann schwang er sie, wie Elvis um seine Hüften nach vorne, sang sein berühmtes "15 Mann..."-Intro und spielte dann ein paar Akkorde zum Aufwären. Es folgte ihm Helmut Prosa auf die Bühne und während Minh-Khai die beiden anmoderierte, schaute Charly in meine Richtung und fragte dann: "Tanja, gibt es Songs, die du gerne hören würdest?"

Ich war wie vom Donner gerührt. Schließlich war ich ja keine VIVA Zwei Djane oder Moderatorin sondern arbeitete nur in der Redaktion. Ich hätte nie gedacht, dass Davidson mich in der Sendung kennen oder erwähnen würde. Aber er tat es. Ich stammelte in meiner Überraschung drei, vier Songnamen, die meisten davon aus seinen alten Alben. Und er spielet sie alle der Reihe nach. Ohne Probe, ohne Texthänger - einfach so.

Und obwohl die zwanzg Schülerinnen und Schüler da waren nebst Minh-Khai Phan-Thi, und später natürlich viele tausend TV-Zuschauer, hatte ich das Gefühl, dass er die Songs nur für mich spielen würde. Natürlich tat er das nicht. Und er wusste damals auch nicht, wie mich gerade diese Songs in meinem Leben beeinflusst hatte. Aber er wusste es, als wir uns Stunden nach dem Privatkonzert noch einmal gegenüber saßen. Ich sagte ihm, dass dieses Akustik-Set vor der Schulklasse zu einem der schönsten Ereignisse meines Lebens geworden war.

Schon in meinem Brief hatte ich ihm geschrieben, dass ich ihn zum ersten Mal auf einem Konzert im Jahre 1984 gesehen hatte. Ein Freund meiner Eltern hatte zwei Karten für einen Auftritt in Frankfurt am Main bekommen und nahm mich mit. Ich war damals 15 Jahre alt und habe eine lebhafte Erinnerung an das Konzert, weil es mein erstes Livekonzert war.

Ich hatte Davidson auch geschrieben, wie sehr mich schon damals sein Publikum beeindruckt hatte. So viele verschiedene, interessante Menschen. Am meisten beeindruckte mich damals natürlich Davidson selbst, dieser charismatische Performer, dieser Herr der Massen. Er verstand uns und wir verstanden ihn. Das veränderte mein Leben.


Vermutlich war es dieses Zusammengehörigkeitsgefühlt, verbunden damit, der Welt etwas mitteilen zu wollen, der seine Anhänger, mich inbegriffen, nacheifern wollten. Wahrscheinlich hatte ich deshalb den Jugendlichen im Bus seine Songs vorgespielt und vermutlich hatten sie recht gehabt, dass Charly nie die Qualität einer Nena hatte. Er war eben immer schon so sehr anders als andere Popstars.


Die Sendung damals wurde übrigens recht passabel, schadete ihm nicht, half aber seiner Karriereauch nicht wirklich voran, denn die stockte gerade ein wenig. Heute weiß ich: auch für Charly war unsere Sendung eine Recyclingmaschine, da er seinen Karrierehöhepunkt bereits überschritten hatten. Aber als großer Charly Davidson Fan, war mir das damals einfach entgangen. Wahrscheinlich in dem Moment, als er mir tief in meine Augen blickte.

VIVA Zwei lief dann noch weiter bis Ende 2001, dann kam mit VIVA + die Zeit der Endlosmusikschleifen im Fernsehen und der Dauerwerbung für Klingeltöne und Handytarife. Deshalb wechselteich 2002 zuerst zu VOX, wo ich für die Redaktion der Promi-Kochshow leitete und wechselte 2007 zu RTL Exklusiv. Charlys Tod hat mich, ebenso wie wahrscheinlich alle seine Fans, tief getroffen und ich wünschte mir, er wäre heute noch in unserer Welt.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Donnerstag, der 06. Januar 2011

VOR FÜNF JAHREN AKTUELL:

30 Jahre Charly Davidson auf der Bühne: "Es gibt keine falschen Entscheidungen, es gibt nur Konsequenzen"

Drei Jahrzehnte. Dreißig Jahre. So lange ist er dabei. So lange macht er Deutschrock. Und nicht nur das. Davidson erfand (unter seinem bürgerlichen Namen Karl David Korff) vor knapp zwei Jahrzehnten das Genre der Lounge Musik. Bis heute aber polarisiert er mit dem was er macht - manchmal auch mit dem, was er nicht macht - wie kaum ein anderer Musiker in Deutschland. Der ungezügelte Wort-Akrobat, der "Überflieger", ist in letzter Zeit zahm geworden, formuliert als "Reizwolf" mittlerweile klarer, nicht mehr so abgehoben. Ob es den Gesellschaftskritiker von früher heute noch gibt, das fragte ihn Rundschau am Morgen-Reporter Ben Görgele.


Rundschau am Morgen: Sie feiern gerade ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum. Sind Sie mit Ihrer Karriere seit 1976 zufrieden?

Davidson: Ja und nein. Zum einen bin ich dankbar, dass ich so viel habe hinkriegen können. Dass ich diesen Weg überhaupt gehen konnte. Dass es ein Beruf wurde und nicht nur eine Episode. Zum anderen bin ich unzufrieden, weil ich gerne noch größere Resonanz gehabt hätte. Helmut Prosa (Davidsons langjähriger musikalischer Weggefährte, d. Red.) hat mir früher mal gesagt: "Du musst eigentlich zufrieden sein: Was du machst, ist relativ anspruchsvoll. Und du hast damit im Rahmen dieser Möglichkeiten eigentlich eine ganze Menge Leute erreicht." Es hätte also auch viel schlimmer für mich ausgehen können.

Rundschau: Aber etwas mehr Resonanz hätten Sie sich dennoch erhofft?

Davidson: Das wünscht man sich immer. Bei so vielen Popprodukten, die einfach nur scheiße sind, fragt man sich verbittert: Warum haben die so viel Resonanz? Und noch mehr tun die Kollegen weh, bei denen man weiß: Das sind gute Leute, und die haben einfach mehr Erfolg. Da möchte ich schon gerne, nicht nur mit Blick auf den Kontostand, sondern auch mit Blick auf das Geliebtwerden, immer mehr erreichen als das Bisherige.

Rundschau: Gab es Momente, in denen Sie in Ihrer Karriere falsch abgebogen sind?

Davidson: Sicherlich. Ein 30-jähriger Berufsweg, ob meiner oder ein anderer, verläuft nicht geradlinig. Das gibt es heute nicht mehr. Das gab es vielleicht zu Zeiten der Gebrüder Grimm. Es ist eine Achterbahnfahrt, mit Fehlentscheidungen. Ich frage mich schon rückblickend, nach dem enormen Erfolg von den späten Achtzigern bis in die Neunziger, warum aus mir kein Weltstar wurde. Weshalb der Erfolg in diesem Jahrzehnt zurückging. Und erst mühsam wieder mehr wurde. Was habe ich zur Jahrtausendwende verkehrt gemacht - das frage ich mich manchmal. Ich weiß es nicht.

Rundschau: Haben Sie womöglich unter dem großen Hit "Überflieger" gelitten?

Davidson: Ach. Jeder Sänger hat einen größten Hit. Das ist die Hausnummer, und da sollte er dankbar sein, dass er so etwas hat. Es gibt immer eine größte Nummer, die man nicht mehr erreicht, in jeder Karriere. Daran wird man dann gemessen. Es ist ja nicht meine beste Nummer, das habe ich nie behauptet. Der größte Hit und der größte künstlerische Hit - das deckt sich, glaube ich, bei niemandem.

Rundschau: Derzeit sind vier deutsche Künstler unter den Top Ten: Xavier Naidoo, Texas Lightning, die Sportfreunde Stiller und Rosenstolz. Würden Sie sich eines dieser Alben kaufen?

Davidson: Sicher nicht. Xavier Naidoo und Texas Lightning mit Olli Dittrich kenne ich persönlich. Xavier udn Ollie sind beides sehr nette Menschen. Aber natürlich musikalisch eine ganz andere Welt. Sportfreunde Stiller und Rosenstolz kenne ich nicht.

Rundschau: Sie kennen Rosenstolz nicht?

Davidson: Ich bin tatsächlich einer der wenigen Menschen in Deutschland, die noch nie Rosenstolz gehört haben. Selbst meine Schwiegermutter hat die Platte.

Rundschau: An '"Ich bin ich (Wir sind wir)" oder dem Album "Das große Leben" kam man im Radio doch gar nicht vorbei.

Davidson: Ich höre kein Radio.

Rundschau: Ist da nichts in Ihnen, das sich fragt, was dieses erfolgreichste Album einer deutschen Gruppe ausmacht?

Davidson: Nein, interessiert mich nicht.

Rundschau: Aber wenn Sie sich fragen, wie sich mehr Resonanz erreichen lässt, könnten Sie sich auf diesem Weg vielleicht ein Bild über die gegenwärtigen Bedürfnisse und Interessen des Publikums machen.

Davidson: Mag sein. Wahrscheinlich tue ich es nicht, weil ich davor zurückschrecke, es vielleicht gut zu finden und dann versuchen würde, zu klauen (lacht).

Rundschau: Empfinden Sie so etwas wie Stolz, was Ihre Karriere betrifft?

Davidson: Ja sicher, aber eben gepaart mit einem defizitären Gefühl. Stolz ja. Aber ich hätte gerne noch mehr erreicht.

Rundschau: Was Verkaufszahlen betrifft? Oder künstlerisch?

Davidson: Vordergründige Antwort: Ich hatte noch nie einen Nr.-1-Hit. Das würde ich natürlich gerne noch erreichen. Noch nicht einmal ein One-Hit-Wonder zu sein, das wäre schrecklich. Hintergründige Antwort: Wir sind Alchimisten in unserem Gewerbe und nicht immer gelingt alles. Hätte ich nur Alben gemacht wie "Wissen-schafft-Macht", müsste ich mich jetzt nach einem Putzjob umsehen. Das ist eine Platte, wie es sie in Deutschland nicht gibt. So was kann nur ich. Aber davon kann ich nicht leben. Also bastelt man immer ein wenig hier und ein wenig da, streut diese musikalische Substanz ein und da eine Andere Rhythmik.Und man hofft daruf, dass man so irgendwann einmal Prozellan oder Gold entdeckt.

Rundschau: Trennen Sie inzwischen strikter zwischen dem kommerziellen und dem intellektuellen Davidson?

Davidson: Nein. Ich kann eine Platte nur machen, weil ich darin auch vorkomme. Solche Songs mache ich dann auch gerne. Sie sind nicht alles. Aber ich kann sie verkörpern. Das Publikum würde ohnehin merken, wenn das alles nicht stimmt.

Rundschau: Sind Sie im Internet unterwegs?

Davidson: Ja.

Rundschau: Wenn man dort Meinungen zu ihrer aktuellen Platte nachliest, muss man zum Schluss kommen, dass es wohl kaum ein Album gab, das unter den Davidson-Anhängern so polarisierte wie ihr letztes namens "Reinzwolf". Zu aufgesetzt sei ihr Anspruch, die Welt zu verändern, weil sie natürlich inzwischen gut situiert und nett seien. Musikalisch und auch inhaltlich. Befürchten sie nicht, dass Sie alteingesessene Fans vergraulen?

Davidson: Doch, das befürchte ich. Das ist unvermeidlich, das passiert immer. Und es tut mir auch um jeden leid. Ich bin ja ein guter Führer, und ich will, dass mein mir folgt. Und dass es Brot und Spiele gibt für alle. Aber mit allem, was man entschieden macht, mit Kontur und Profil, vergrault man auch jemanden. Es gibt keine falschen Entscheidungen, es gibt nur Konsequenzen. Es ist stets mein Ansinnen, alle glücklich zu machen. Ich liebe...ich liebe doch alle...alle Menschen. Aber manchmal klappt das eben nicht.

Rundschau: Aber Sie wissen, warum sich manche beklagen?

Davidson: Ja, aber ich finde es eine Unverschämtheit, mich so festzunageln auf eine bestimmte Rolle oder auf ein Kreuz. Immer nur die Welt erklären, immer nur den Dolch im Gewand, bereit Galle und Sarkassmuss pur zu spucken. Das habe ich so oft gemacht, das wird auch irgendwann langweilig. "Expect the unexpected", das ist meine Devise und mir der bezahle ich immer und überall.

Rundschau: Man könnte auch annehmen, Sie hätten aufgegeben. Die "Gesinnungsnomaden", die Sie einst besangen, gibt es ja immer noch, aber Sie singen nicht mehr dagegen.

Davidson: Nein, das habe ich ja schon. Und was hat sich geändert? Nichts? Aber: Das Lied und seine Aussage gelten natürlich immer noch.

Rundschau: Was bedeutet, dass man mit Musik nichts verändern kann.

Davidson: Kann man ja auch nicht.

Rundschau: So bleibt der Eindruck, dass das Einzige, an das Sie wirklich glauben, die Liebe ist.

Davidson: Und daran auch nicht. (lacht) Man hat da sicherlich auch immer geteilte Sichten. Ich hielt mich zum Beispiel im Studium immer für einen tollen Hecht. Vor ein paar Jahren habe ich zufällig eine alte Kommilitonin getroffen. Wir sehen uns und laufen aufeinander zu; nach gefühlten 15 Jahren war es das erste Mal, dass wir uns sehen. Ich hab‘ mich richtig gefreut. Und dann sagt sie zu mir: "Charly, weißt du eigentlich, was du früher für ein Arschloch warst!?!“ Das relativiert einiges in Sachen Liebe.

Rundschau: Entsteht das künstlerisch Große nicht immer auch aus Unglück und Leid?

Davidson: Ach, ich finde meine Portion Unglück immer. Ganz so wie Tucholsky. Der war ja war objektiv betrachtet die meiste Zeit seines Lebens auch irgendwie unglücklich.

Rundschau: Wer sich durch die Internet-Foren liest, stellt fest, dass die User bisweilen grausam in ihrem Urteil sind. Viel mehr als wir Journalisten.

Davidson: OK. Lassen Sie mal hören...

Rundschau: Einer schreibt: "Reizwolf" ist so was von Scheiße. Die hört sich teilweise wie Schlager an: "Leonardo fährt Cabrio". Kein Wunder, dass Davidson als B-Promi ins Fernsehen gent und kocht. Herr Davidson macht das alles nur aus reiner Geldsache. Das steckt nichts Persönliches hinter. Herr Davidson, wenn Sie keine Ideen mehr haben, hören Sie auf, so eine Scheiße zu produzieren.

Davidson: So was Albernes. Das ist einfach nicht wahr. Ich habe mir bei diesem Album genauso viel Mühe gegeben, war genauso bei der Sache. Auch diese Platte ist nicht am Reißbrett entstanden. Was wollen diese Idioten? Und was haben Sie alle gegen RTL II? Da war ich früher schon und derzeit ist es die einzige Möglichkeit, wo ich im Fernsehen auftreten kann. Das ist schon eine Fraktion von sehr verbohrten Leuten, die mich als Spiegelbild, aös Legende benutzen. Ich soll für sie vorleiden, und sie leiden dann nach.

Rundschau: Anderes Thema: Sie sind jetzt mit dem Thüringer Ministerpräsidenten befreundet.

Davidson: Ja. Tolle Sache, nicht. Ich kann jederzeit in die Erfurter Regierungskanzleri rein, die Sicherheitsleute kennen mich alle schon. Ich und der MP, wie simsen regelmäßig. Hat sich so ergeben.

Rundschau: Bleibt nur die Frage, wie Charly Davidson, der doch als links galt, mit einem CDU-Mann befreundet sein kann.

Davidson: Warum sollte das nicht möglich sein? Heutzutage ist doch ist alles möglich. Aber ich habe ja immer schon erlebt, dass die Leute, die mir eigentlich meinungsmäßig zugeordnet waren, die waren, mit denen ich die größten Probleme hatte.

Rundschau: Es gibt diesen bekannten Spruch: 'Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 40 noch Kommunist ist, hat keinen Verstand.' - Trifft das auf Sie zu?

Davidson: Das ist richtig, und mit 60 könnte man dann wieder ein Kommunist werden, wenn diese Logik stimmt.

Rundschau: Welche Sehnsüchte haben Sie noch?

Davidson: In der Hauptsache nur, dass es weitergeht. Es ist nun mal so, dass dieser Beruf für mich am geeignetsten ist.

Rundschau: Sie könnten mal ausbrechen. Vielleicht ein Jahr ins Ausland.

Davidson: Ach, ich habe exotische Sehnsüchte immer schon umgesetzt, habe ein Haus auf einer exotischen Insel (La Gomera, d. Red.). Aber wenn ich schon ausbrechen würde, dann dort hin, wo ich gerade noch deutsches Fernsehen empfangen kann. Ich brauche das, um meinen Blutkreislauf in Bewegung halten.

Rundschau: Was planen Sie musikalisch als nächsten Streich?

Davidson: Ich arbeite seit einiger Zeit an "Tor", meinem neuen Album. Ich kann mich noch gut an Zeiten in den frühen 80er-Jahren erinnern, als auch politisch die Debatten geführt wurden, ob wir in Deutschland dies oder das zulassen sollen. Schauen Sie sich unser Fernsehen an. Da wurde in den letzten 15 Jahren ein Höllentor geöffnet und es wird immer schlimmer. Es gibt keine Tabus mehr. Sex, Drogen und Rock'n'Roll sind da noch die kleineren Übel. Bald wird im TV auch noch live gestorben. Das werden wir noch erleben. Das kann in der Formel 1 sein, im Dschungelcamp, wenn irgend ein D-Promi einen tödlichen Herzinfarkt bekommt, oder bei "Wetten dass?", wenn ein Wettkandidat aus Versehen von einem Auto überrollt wird. Wir werden es sehen und ich glaube fest daran, dass auch dies noch nicht das Ende des TV-Programms sein wird. Darüber oder besser gesagt, davon handelt "Tor".