Sonntag, 30. August 2009

Sonntag, der 30. August 2009

Neues von der Rocklegende:
CHARLY DAVIDSON - SEINE FREUNDE BEI MYSPACE
(vom Sommer 2009)

mit dabei u. a.: Thomas Philipp (Schlagzeuger), Mick Szutor (Gitarrist), Dr. Scissors (aka Axel Pino Gzybowsky, Elektromusiker), Dachterrasse (Band), New Order (Band), Gomorrha (Band), Brian Eno (Produzent und Musiker)), David Gilmour (Produzent und Musiker), Glass Candy (Band), HR Giger (Künstler), Conny Plank (†, Produzent und Musiker). Und es werden jeden Tag mehr ...

Dienstag, 25. August 2009

Dienstag, der 25. August 2009 / Edit

ROCKLEGENDE Charly Davidson ist jetzt auch auf Japans Suchmaschine BIGLOBE ganz vorn

Asien scheint ein gutes Pflaster zu sein für Charly Davidson und seine Rocklegende. Nachdem das Bloggbuch verstärkt in China gelesen wird, ist es nun auch in Japans Suchmaschine BIGLOBE ganz weit vorn gelistet. Hier ein Screenshot über die Dokumentation des einen der zwei Videos, die Charly Davidson und seiner zweiten Ex-Ehefrau Ursula Maus im Pergaonmuseum in Berlin zeigen. - Klick auf das Bild und Du bist bei BIGLOBE; klick hier und Du siehst das Video.

Wir verneigen uns diesmal vor den Land der aufgehenden Sonne mit einem von Charly selbstgedrehten Video-Clip über ein 2002 in Jena-Lobeda entstandenes Wandbild zu Ehren seines Songs "Kinder der Sonne" aus dem 1997er-Album "INKAR-NATION"!

Das Spirit-Of-Germany-Webteam

Dienstag, der 25. August 2009

In Charlys Bloggbuch werden ab Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:

DIR GEHT'S NICHT GUT

Einsam bist du, sehr alleine.
Aus der Wanduhr tropft die Zeit.
Stehst am Fenster. Starrst auf Steine.
Träumst von Liebe. Glaubst an keine.
Kennst das Leben. Weisst Bescheid.
Einsam bist du, sehr alleine
doch am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.

Schenkst dich ih hin mit Haut und Haaren.
Magst nicht bleiben, magst nicht fahren.
Magst nicht bleiben, wer du bist.
Fragst dich, wo die Liebe ist.
Bist sogar im Kuss alleine
doch am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.

Einsam bist du, sehr alleine.
Aus der Wanduhr tropft die Zeit.
Gehst ans Fenster. Starrst auf Steine.
Brauchtest Liebe, fandest keine.
Erträumst das Glück und lebst im Leid.
Einsam bist du sehr alleine
doch am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.


[Musik und Text: Charly Davidson, Verlag: worte&musik © 2000]

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Anmerkung: Als Hannelore Kohl am 5. Juli 2001 durch Selbstmord aus dem Leben schied, wurde dieser Song aus Charlys ein dreiviertel Jahr zuvor erschienem Albun "DIE LETZTE ÖLUNG" mehrfach im Radio gespielt, denn er hatte mit dem Lied wohl das eingefangen, was z.B. auch die Ehefrau von Helmut Kohl über ihr Leben empfunden hatte.

Montag, 24. August 2009

Montag, der 24. August 2009

In der heutigen Ausgabe des ELECRONICLE Magazins ist ein Interview mit dem britischen Musiker, Musikproduzenten, Musiktheoretiker und bildenden Künstler Brain O-N-E (bürgerlich: Brian Thomas Gary Charles Earl of Barqin) enthalten, der als Innovator in vielen Bereichen der Musik gilt. O-N-E war seit 1976 mit Charly Davidson bekannt und seit 1989 mit ihm befreundet. 2003 gründete er gemeinsam mit ihm das Musiklabel CBQ (= Charlys Brain Quadrant). Das Interview ist überschrieben mit:

"KARL WAR EIN GENIE"

EC: Vier Monate ist es her, dass Ihr Freund und Geschäftspartner Karl David Korff auf tragische Weise ums Leben gekommen ist. Denken Sie oft an ihn?

BO: Man ist nie darauf vorbereitet, das physische Verschwinden eines Menschen zu bewältigen, mit dem man eine gemeinsame Zeit verbracht hat und von dem man so gute Erinnerungen zurückbehält. Aber wenn die Tragödie einen so taletierten Menschen trifft, ist die Frustration noch größer. Sein Tod war tatsächlich eine Tragödie. Vor allem, weil er nicht durch eigene Dummheit starb, wie Cozy Powell mit dem ich auch befreundet war, sondern einfach so in der Blüte seiner Arbeit. Ich bin immer noch tief erschüttert.

EC: Was erschüttert Sie am meisten?

BO: Es fällt mir schwer, die Gefühle zu beschreiben. Als ich von seinem Tod erfuhr war ich völlig schockiert, völlig leer, und bis heute ist es nicht viel anders geworden. Mein ganzes Mitgefühl galt und gilt seiner Familie. Karl war nicht nur ein erstklassiger Künstler, sondern auch ein toller Mensch. Wir haben wunderbare Gespräche geführt und er konnte aus dem Stehgreif Ideen entwickeln, innovative Dinge. Sein Tod ist ein immenser Verlust. Er wird uns fehlen, als herausragender Musiker und als außergewöhnlicher Mensch.

EC: Wie lernten sie sich kennen?

BO: Das war 1976 in Berlin. Karl war damals 18 Jahre alt und mit seinem Auto, einem alten weißen VW Käfer, von Frankfurt am Main durch die DDR bis nach Berlin-West gefahren, um mich zu treffen. Ich hatte keine Ahnung davon, arbeitete gerade dort mit David Bowie und eines Tages steht da dieser große, dürre Junge und ich denke erst, das ist so ein Junkie und es stellte sich heraus, er war auch einer, aber keiner auf Drogen. Der Kerl war Electronic-Junkie.

EC: Was wollte er von Ihnen? Ein Autogramm?

BO: Er wollte sich mit mir über meine selbstgebauten Musikinstrumente unterhalten, über die, die ich bei meiner Zeit mit STREETLIFE gebastelt hatte. Karl hatte in irgendeiner Zeitschrift davon gelesen: Brain O-N-E, der Paradiesvogel mit den Frauenklamotten und der Federboa, der Verrückte, der sich seine Instrumente selbst baut- Er erzählte mir, dass er auch elektronische Instrumente gebaut hat und gab mir eine Cassette.

EC: Was war auf der Cassette zu hören?

BO: Seine Elektro-Musik. Ich muss aber zugeben, und das habe ich ihm später auch gebeichtet, dass ich die Cassette nicht angehört habe. Sagen wir einmal: ich habe das Tape "verloren". Viele Jahre später, ich glaube es war mehr als eine Dekade vergangen, gab er sie mir dann noch einmal, als ich von ihm in sein Studio eingeladen wurde. Da war er in Deutschland schon ein berühmter Musiker und nannte sich Charly Davidson.Was soll ich sagen: ich habe sie mir angehört. Nicht weil er darauf bestanden hatte, sondern weil ich mehr über diesen Kerl herausfinden wollte.

EC: War diie Musik des achtzehnjährigen Karl David Korff aus ihrer Sicht gut?

BO: Erstens war Karl gerade einmal Sechzehn, als er sie sufgenommen hatte, glaube ich jedenfalls, und zweitens, wenn man 'gut' im Sinne von 'war sie geeignet Emotionen auszulösen' definiert, dann war sie genial. Auch aus heutiger Sicht noch partiell zeitlos. Karl war ein Genie, schon als Jugendlicher. Ich bedauere, dass ich sein Tape in Berlin verloren hatte. Einige Stücke waren natürlich bodenloser Leichtsinn, aber Passagen seiner Musik waren und sind heute noch unglaublich innovativ. Trotzdem machte er eine Karriere als Rockmusiker. Welch eine Verschwendung. Wir haben oft darüber geredet, was geschehen wäre, wenn ich ihm damals geraten hätte, den elektronischen Weg zu gehen. Ich konnte es ja beurteilen, denn ich kam ja von einer Rockband. Karl sagte mir, er hätte meinen Rat wohl befolgt. So habe ich durch Unterlassen den Lauf der Geschichte geändert.

EC: Sie haben eine eigenes Laben namens "b-o-n-e", hatten zusammen aber ein Label namens "CBQ" und erwerben nun, gemeinsam mit einem weiteren Freund Korffs, große Teile der Musikinstrumentensammlung aus Karls Studio.

BO: Wir mussten es tun. Karls Kinder haben keine Motivation und nicht genügend Geld um sein Studio weiterzubetreiben. In Deutschand müssen die Erben eine Menge Erbschaftssteuer zahlen und hier sind Karls Kinder die Alleinerben. Also hat man sich entschlossen, das Studio zu verkaufen und die Instrumente zu versteigern. Rainer Sauer, der gerade ein Buch über Charly schreibt, und ich haben eine Vereinbarung mit den Kindern getroffen, dass wir bestimmte Stücke aus Karls Sammlung erwerben und so vor der Versteigerung retten. Es sind unwiederbringliche Stücke darunter, wie Keith Emersons MOOG Modular System, das er bei "Pictures at an Exhibition" spielte, oder Gershon Kingsleys KURZWEIL Synthesizer. Wir, die Musikwelt, kennen Kingsley vor allem durch seine Komposition "Popcorn", aber er ist ein großer zeitgenössischer Komponist.. Uns beide haben aber vor allem Karls Synthesizer Eigenbauten interessiert und mich persönlich ein TELEFUNKEN "Echo"-Mischpult, das früher KRAFTWERK gehörte, und das mir Karl einst aussgeliehenn hatte.

EC: Wie standen und stehen Sie Davidsons Hauptmusikrichtung, dem Deutsch-Rock, gegenüber?

BO: Es geht im Grunde in der Musik doch um die Qualität, nicht um ihre Orientierung. Außerdem ist es für mich eine Grundregel, andere Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind. Egal, um was es dabei geht.

EC: Welche Lücke hinterlässt Karl David Korff in der Musikszene?

BO: Er konnte einfach so aus dem Stehgreif unglaubliche Song-Intros entwickeln. Das konnte niemand so gut wie er und ich habe nun wirklich mit vielen Musikern zusammengearbeitet. Für mich persönlich ist dies der größte Verlust. Generell gesehen hatte Karl immer weitreichende Ideen und neben der "Lounge-Musik", deren Vater er ist, wäre ihm bestimmt irgendwann noch ein weiteres Musikgenre eingefallen.

EC: Eine letzte Frage: Gerade kommen Sie aus Toronto zurück, wo Sie mit Sting an dessen neuem Album gearbeitet haben. In Kürze geht es wieder los nach Hongkong, wo sie mit Lang-Lang eine Platte produzieren. Dazwischen sollen Sie Songs von Depeche Mode abmischen und arbeiten auch noch an Ihrer neuen Solo-Platte. Was machen Sie in Ihrer knappen Freizeit?

BO: Oh, ich liebe es, Fernseher und Radios zu reparieren. Es sind die einfachen, die elementaren Dinge in meinem Leben, die mir neben der Klangmalerei Erfüllung und Glück bedeuten.


Das Interview führte Steve Griffin © 2009 für das ELECRONICLE Magazin/London

Donnerstag, 20. August 2009

Donnerstag, der 20. August 2009

SENSATIONELLES DAVIDSON INTERVIEW AUFGETAUCHT

(sog) - Jahrzehntelang lag es unbeachtet in seinem privaten Tonarchiv, nun ist es wieder aufgetaucht: das historische Interview mit Charly Davidson vom 3. Juli 1977. Interviewt wurde Charly, damals 19 Jahre alt, für die in dieser Zeit jeweils zum Monatsende herausgegebene Kulturpostille "OF" - veröffentlicht wurde das Interview dann gekürzt in deren Ausgabe vom Juli 1977.

Allein schon seine Stimme und seine Ansichten zu hören, ganze fünf Jahre vor seinem Debutalbum "KONTAKTAUFNAHME" und sogar noch vor seiner Zeit als Sänger bei FLIESSBAND, ist bewegend. Charly Davidson erzählt, wie er in die Offenbacher Musikszene hineinwuchs, schon 1974 Elektromusik machte, erklärt seine musikalischen Vorlieben vom Sommer '77 und spricht sowohl über seine damalige Band CHARLY DAVIDSON AND FRIENDS als auch über die anderen bekannten Offenbacher Bands des MUSIKCLUB SCHLACHTHOF wie CRYSTAL VOYAGER (bei denen er zugab, dass sie ihn nicht als Gruppenmitglied haben wollten) oder SCHLÜPFER (deren Werk "Gerundula" er mit den Worten lobte "...fast so gut wie PINK FLOYD.").

Das eigentlich sensationelle ist aber eine Bekenntnis Charlys. Nicht, dass er Donna Summer verehrte, wie er, leicht verschämt wirkend, zugab, sondern, dass ihn im Sommer 1977 Bedenken kamen, ob die musikalische Ausrichtung von CDAF, also: 50 % in Deutsch gesungene Lieder und 50 % englische Songs, die richtige sei. Charlys sinnierte darüber, ob es nicht drei Viertel englischsprachige Songs und nur ein Viertel deutsche Lieder sein sollten, so wie es offensichtlich das Publikum von ihm forderte. Möglich ist, dass er diesen inneren Widerstreit später dadurch beendete, dass er voll auf deusche Politrock-Texte umschwenkte.

Hören kann man dieses einzigartige Zeitdokument demnächst auf Charly Davidsons "MySpace (tm)" ORIGINALAUFNAHMEN
-Musikaccount oder aber sofort hier.

Mittwoch, 19. August 2009

Mittwoch, der 19. August 2009

EINMALIGE NEUAUFFÜHRUNG VON CHARLY DAVIDSONS EXPERIMENTALFILM "MONUMENT" AM 19. SEPTEMBER 2009

Am Samstag, den 19. September 2009 kommt es in der Radiosternwarte Mannheim anlässlich des diesjährigen Tages der offenen Tür zu einer besonderen Film- Neuaufführung. Gezeigt wird der Experimental-Videofilm "MONUMENT (one day)" von Charly Davidson, den dieser zwischen dem 18.09.1989 und dem 18.09.1999 aufgenommen hat. Jeweils immer an einem 18. September - damit auf diese Weise eine Vergleichbarkeit dargestellt wird, wie er bei der Premiere am 18.09.2000 im Jenaer Planetarium erklärte - hatte Davidson, als Regisseur und gleichzeitig Kameramann, verschiedenste Landschaften, Meeresbrandung und Wolken gefilmt, jeweils in langen Einstellungen von mehreren Minuten. Erde/Wasser/Luft, hierum geht es im Film, der außer den Naturaufnahmen nur noch den Nachspann beinhaltet und den Vorspann, der mit einer spektakülären Frage beginnt "Auf welchem Planeten haben sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht?" und sie sogleich auch beantwortet: "Auf diesem!".

Der Film wurde zu Lebzeiten von Charly Davidson nur ein einziges Mal aufgeführt; bei der Premiere in Jena zeigte sich damals auch Davidsons Stargast der Vorführung, der britische Multiinstrumentalist Mike Oldfield, der extra aus Berlin angereist kam (wo er seinen "Art In Heaven"-Auftritt vorbereitete), angetan. Oldfield gefielen vor allem die "Wolkengesichter", die Davidson dank geschickter Blendenwahl auf die Leinwand gezaubert hatte

Karten für diese einmalige Sondervorstellung am 19. September 2009 erhält man hier.

Montag, 17. August 2009

Montag, der 17. August 2009

DAVIDSON CLAN FORMIERT SICH

(bsog) - In Jena formiert sich derzeit unter der Regie von Mick Szutor die letzte BEGLEITUNG von Charly Davidson neu unter dem Bandnamen "DAVIDSON CLAN". Mit dabei neben Mick Szutor (vocals, gitarren), der vor kurzem seine langjährige Band DINA4 verlassen hat, "ROCKLEGENDE"-Autor Rainer W. Sauer (vocal, gitarren, electronics), Stefan Paetzold (piano), Thomas Philipp (drums) und Elke Thieme (vocal); Thieme und Paetzold sind in der Musikszene bisher bekannt unrer dem Bandnamen BLUEPRINT. Szutor, Paetzold und Philipp standen zuletzt als BEGLEITUNG von "Rocklegende" Charly Davidson mit auf der Bühne und wirkten an dessen letzten Alben "REIZWOLF" (2005) und "TOR" (2008) mit; BEGLEITUNG war seit 1981 der Name der Band an Charlys Seite.

"Charly Davidson lebt nicht mehr, also kann es auch keine BEGLEITUNG mehr für ihn geben. Dieser Bandname ist also ein Tabu. Deshalb haben wir uns den Namen DAVIDSON CLAN gegeben. So nannte Charly immer sein Umfeld an Freunden und Musikern. Nun haben uns seine Töchter in ihrer Eigenschaft als Rechteinhaber grünes Licht für das Projekt gegeben", sagte Rainer W. Sauer am Samstag in Berlin.

Erste Projekte sind die Restaurierung und Vervollständigung einiger von Davidsons unvollendeten Werken. Bei der Elektromusik von Karl David Korff erhält Sauer prominente Assistenz durch den bekannten Musiker und Produzenten Brain O-N-E aus England, der über viele Jahre ein guter Freund von Charly Davidson war. Die Produktionen werden unter dem Namen MICK RAINER PRODUKTION durchgeführt, wie Sauer auf Anfrage bestätigte; veröffentlicht werden sollen sie bei BEST SIDE RECORDS.

Liveauftritte sind vom DAVIDSON CLAN jedoch nicht zu erwarten, wie Sauer erklärte. Caro Korff, die älteste Tochter, sieht dies durchaus anders und zeigte sich vor allem durch das Engagement von Sängerin
Elke Thieme begeistert. "Mein Vater schwärmte immer von ihrer außergewöhnlichen Stimme. Von Alanis Morissette bis Sade hat sie alle Stimmfarben drauf. Ich denke, wenn sie Charly Davidsons Lieder live singen würde, dann bekämen seine Songs eine neue Dimension." Die Rocklegende könnte also weitergehen.

Freitag, 14. August 2009

Freitag, der 14. August 2009

Figur des Charly Davidson kann u. a. auf das Leben von Karl Friedrich Rothermel († 14.08.2008) zurückgeführt werden


Viele Elemente der „Rocklegende“ von Rainer W. Sauer gehen direkt auf Karl Friedrich Rothermel zurück, wie Sauer heute in Jena berichtete. Charly Rothermel war sein Schwager und wurde am 25. Mai 1950 im Odenwald geboren. Zusammen mit seinen Eltern wanderte er Ende der 50er-Jahre nach Wales aus, da diese Arbeit auf der Gwyther-Farm in Pembrokshire gefunden hatten. Sein Onkel, Kurt Heldt wohnt heute noch mit seiner Frau Edith in Johnston bei Haverfordwest.

Nach seiner Rückkehr in sein Heimatland Anfang der 60er-Jahre lebte Karl Friedrich Rothermel in Frankfurt am Main in der Taunusstraße - dem Frankfurter Bahnhofsviertel - wo sein Vater Arbeit als Hausmeister gefunden hatte. Nach einer Ausbildung zum Maler und Lackierer arbeitete Charly R. jedoch nicht lange in seinem Beruf, denn es zog ihn in die Musik- und Kneipenszene Frankfurts, wo er in Bars und Clubs arbeitete. Schnell wurde er Geschäftsführer des „Fillwood“-Clubs in Bad Vilbel, wohnte in Hanau in einen alten Stadtturm, später dann in Hanau-Steinheim. Er war mit vielen Musikern aus der Rhein-Main-Musikszene ebenso befreundet, wie mit lokalen Musikhändlern oder -produzenten. Viele seiner Erzählungen aus der Branche sind in die „Rocklegende“ eingeflossen.

Karl Friedrich liebte das Biken, hatte mehrere Harley Davidson „Pipes“. Aufgrund dieser Motorrad-Leidenschaft wurde er auch „Charly Davidson“ genannt. Anders als die Figur der "Rocklegende" hatte Charly R. kein Landhaus auf der Kanareninsel La Gomera; er machte Urlaub auf Mallorca und zwar abseits der Touristenströme und tatsächlich auf einer kleinen Macià, wie der Buchautor berichtete.

In den 90er-Jahren arbeitete Karl Friedrich Rothermel für "Römerturm". An verschiedenen Leiden erkrankt, musste er seinen Job jedoch vor wenigen Jahren aufgeben. Seit 2005 war er Musikberater für RADIO JENA. Nach kurzer, schwerer Erkrankung starb Charly Rothermel (dessen Lebensgeschichten sich nun zum Teil im Buch wiederfinden, ohne dessen Name es die „Rocklegende“ so aber niemals geben würde) am 14. August 2008 in Hanau-Steinheim im Alter von nur 58 Jahren. Er wurde später auf dem Nordfriedhof in Jena beigesetzt.

Morgen stellt Sauer sein Buchprojekt dann in Berlin vor.

Montag, 10. August 2009

Montag, der 10. August 2009

17 TAGE EUROPA
(Charly Davidsons Sommerreise 2002)
Samstag / 2002-08-10
Der siebzehnte und letzte Tag / Wertheim | Würzburg | Nürnberg | Bayreuth | Jena
DIE WELT HAT MICH WIEDER, DOCH WAS HAT DIE WELT DAVON?

Dauerregen. Ich stehe kurz vor sechs Uhr auf, sitze kurz danach schon wieder am Laptop und bereite mich darauf vor, Bilanz zu ziehen, zuhause über die Reise zu berichten. Der Laptop war ein zuverlässiger Begleiter, manchmal vielleicht ein bißchen zu lässig, denn es gab keinerlei technische Probleme - die Probleme, die HAL im Jahre 2001 verursachte, macht mir IBM im Jahre 2002 nicht.

Mit meinem Füller habe ich ebenfalls geschrieben, darunter auch Briefe an meine Nichte, die sich vor der Reise allgemein bei mir darüber beklagt hatte, daß sie so wenig Post bekommt. Und jetzt hat sie drei Briefe von mir erhalten, aus 17 Tagen Europa, mit drei verschiedenen Briefmarken darauf, alle mit Beträgen in Euro und doch alle unterschiedlich in Aufdruck und Höhe. Mit dem Handy hat sie mir eine SMS geschickt, daß die Briefe gut angekommen sind. Für andere Familienmitglieder habe ich Wurst und Pasteten, Käse und Wein, Meersand und mehr mitgebracht.

Mein Handy ist die 17 Tage lang überwiegend ausgeschaltet gewesen, auch wegen technischer Probleme während der Reise, intern und extern. Roaming ist eben doch nur eine Art Vorname für einen Sänger und kein adäquater Ersatz für das gute alte Münztelefon. Aber trotzdem passte das zu dem, was Heinz Rudolf Kunze in seinem Lied „Auszeiten“ gerade im Frühjahr beschrieben hatte: „Manchmal melde ich mich nicht. Das Handy ist aus, der Bildschirm glotzt stumpf und grau wie die erloschenen Augen antiker Marmorköpfe. ... Das ist eines der schönsten Gefühle.“

Aber ich meldete mich trotzdem immer wieder während meiner Reise, via Telefon, Brief, Postkarte, Reisegeschichte. Denn meine Reise ist bzw. war ja - anders als bei des Geheimrats Trip anno 1786 - weder Flucht noch Entdeckungsreise, sondern vielmehr der Versuch, Dinge, Menschen, Landschaften zu verstehen. Dante Alighieri erzählt in „Die göttliche Komödie“ die Geschichte einer Reise des Verstandes. „Der Verstand muss auf die Reise gehen“, schreibt er und genau das habe ich gemacht in den letzten 17 Tagen in Europa.

In einer Zeit, der uns die Kultur der Gesprächsführung abhanden gekommen zu sein scheint, in der in vielen Medien Floskeln und Phrasen von gut uninformierten Fragern fast schon als Versuche zu werten sind, Freundschaften zu schließen anstatt kritisch zu berichten, in der eine Abkehr des alten Grundsatz von Hanns-Joachim Friederichs „immer dabei sein, nie dazugehören“ zu beobachten ist, einzig und allein jedoch ein Fehlen von Sozial- und Medienkompetenz offenbart ... in einer solchen Zeit hat mensch ganz einfach die Pflicht, seinen Verstand auf Reisen zu schicken. Deshalb fehlt einem da auch keine einzige Sekunde an verpassten TV-Interviews, keine Quizshow, kein Nachrichtenüberblick. Und gute Filme? Na, die kann man sich im Leben immer noch einmal ansehen.

Das Radio ist auf einer slchen Reise nach wie vor kein antiquiertes Informationsportal. Auch wenn ich, egal wo ich mich gerade befände, die ganze Welt auf einem einzigen Display jederzeit zur Verfügung haben könnte, ich würde mich immer wieder für das Radio als Informationsquelle entscheiden. Denn genauso, wie die Zeitung mehrere Jahrhundertsprünge ohne größere Daseins-Schäden überstanden hat wird auch das Radio keinerlei hier Schäden nehmen. Allein, weil der Äther immer da und um uns sein wird, und weil es doch so einfach ist, Radiowellen durch den Äther auf Reisen zu schicken.

Als kleiner Junge habe ich es schon getan, in meinem Wohnblock in der Carl-Ulrich-Siedlung mit einer Reichweite von zwei Wohnungen. Und heute noch eröffnet ein Radiogerät einem Menschen Wege in die Welt, die kein anderes Medium liefert. Schalte einfach dein Radio ein; als Gegenleistung kannst du als Empfänger, wenn du dir die richtige Quelle aus dem Äther fischt, aus ihr schöpfen. Geistig verdursten braucht heutzutage niemand, so lange er ein Radiogerät hat.

Und doch: Jeder Mensch bekommt die Quelle, die Erleuchtung, den Radiosender, die TV-Sendung, das Buch, das er/sie/es verdient. Und jeder ist frei zu wählen, ob er kaltes klares Wasser zu sich nehmen will oder vielleicht einen Medien-Cocktail, frisch gemixt aus Bränden in den Vereinigten Staaten/Australien/Griechenland, verschwundenen Babys/News/Verbrechern, ausgebrannten aber trotzdem schamlosen millionenschweren SängerInnen in Dessous/Scheidung/Drogenrausch, sportlichen Fehl- und/oder Höchstleistungen, unmoralischen oder unfähigen Politikern und so weiter. Wie sich ein Mensch geistig ernährt, das ist ihm von Gott selbst überlassen.

Vieles, was heutzutage um uns herum als „das wahre Leben“ verkauft wird, ist in Wahrheit nichts anderes als Popmusik: Kreischend, intensiv, atemberaubend, morgen schon wieder vergessen und vom Grunde her unwichtig. Nicht lebensnotwendig! Und natürlich wird sich auch hier immer ein Experte finden, der bedenkenlos attestiert, daß dies alles nur eine erlaubte Ironisierung unseres Lebens ist.

Jedoch wird oft vergessen: Es ist UNSER Leben, das wir leben ... und das können wir jederzeit selbst beeinflussen. Dazu muß mensch nur seinen Verstand auf Reisen schicken.

In diesem Sinne ... vielleicht sieht man sich ja mal ... Europa an.

Sonntag, 9. August 2009

Sonntag, der 9. August 2009

17 TAGE EUROPA
(Charly Davidsons Sommerreise 2002)
Freitag / 2002-08-09
Der sechzehnte Tag / Wertheim
FADIN' MEMORIES (Eine persönliche Anmerkung)

Ich wache auf und bin in Wertheim, der einzigen Stadt die ich kenne, die zwischen drei deutschen Bundesländern liegt. Oben ist Bayern, unten ist Baden-Württemberg und links, etwas weiter entfernt, liegt Hessen. Der Main und die in ihn mündende Tauber durchtrennen die Stadt, bringen gelegentlich Hochwasser und Wertheim säuft ab. Heute ist es jedoch nicht so weit, so daß ich auf dem Campingplatz die gesammelten Geschichten meiner zweieinhalb-wöchigen Europareise in Ruhe zusammen stellen kann.

Auf dem Campingplatz an den Christwiesen haben meine Eltern seit Jahren ihren Wohnwagen stehen. Meine Frau, die Kinder und ich hatten hier eine Zeit lang auch einen Wohnwagen platziert und das bringt mich dazu, ein klein wenig etwas gegen meine „FADIN‘ MEMORIES“ (= „Verblassende Erinnerungen“ - so nannten CAMOUFLAGE einen Demosong, der durch meine Radiosendung beim hr dazu führte, dass die Band bekannt wurde und einen Plattenvertag erhielt) zu meiner Camping-Jugend- und -Kinderzeit in Deutschland zu tun.

Ab 1964 fuhren meine Eltern mit mir auf Fahrrädern zuerst zum Campen und Baden an den „Bärensee“ in Bruchköbel bei Hanau, nachdem dieser und das Gelände drumherum aber 1965 von der US-Armee als Truppenübungsgelände okupiert worden war, eine Ecke weiter zum
Kahler See“ bei Freigericht. Da war dann schon meine Schwester mit dabei und hier war mein erstes Paradies. Lange Sandstrände, Seeräuberverstecke, Pinienwälder - meine ganz reale Schatzinsel. Am „Kahler See“ komponierte ich meine ersten eigenen Lieder als Ausgleich zu dem gymnasialen Exkursionen durch Benjamin Brittens „War Requiem“, wobei ich aber gestehen muß, daß mich zumindest Brittens „The Young Person's Guide To The Orchestra“ beeindruckte, um so mehr, als daß es später ja auch „The Young Person's Guide To KING CRIMSON“ gab. So etwas könnte mir auch gefallen: „The Young Person's Guide To CHARLY DAVIDSON“. Doch zurück zum „Kahler See“. Sogar meine Frau, die so gar nichts mit Camping am Hut hat (und sie trägt öft Hüte), konnte ich gelegentlich hier her locken.

Nachdem unsere Zeit am
„Kahler See“ vergangen war, zogen meine Eltern auf den Campingplatz nach Wertheim um. Dort fließt der Main direkt am Campingplatz vorbei, man kann also Angeln, Schiffe und Boote vorbeiziehen sehen, ganz anders übrigens als in Chalon-sur-Saône, denn in Chalon befand sich der Campingplatz auch direkt an einem Seitenarm der Saône, aber dort war alles flach und viel weniger grün als in Wertheim, eben: ganz anders. In Wertheim befinden sich zudem das Freibad und eine Mini-Golfbahn direkt neben dem Campingplatz, die mittelalterniche geprägte Stadt und das Schloß hoch über dem Fluß sind nur eine knappe halbe Stunde zu Fuß entfernt. Wertheims Ambiente und sein Campingplatz sind seit vielen Jahren beliebtes Reiseziel für holländische Urlauber, die das Taubertal lieben und so schließt sich hier der Kreis zu den Niederlanden.

In Wertheim-Bestenheid wiederum - dies ist der Stadtteil, in welchem der Campingplatz liegt - siedelten sich nach dem II. Weltkrieg viele Jenaer Glashandwerker an, die zuvor bei CARL ZEISS gearbeitet hatten und hier ein neues Betätigungsfeld fanden; also ist auch Jena hier vertreten. Heute ruhe ich mich in Bestenheid im Vorzelt des Wohnwagens meiner Eltern aus und stelle "17 Tage Europa" zusammen. Morgen geht es dann zurück nach Jena.

Samstag, 8. August 2009

Samstag, der 8. August 2009 / Edit
























Das Bloggbuch "CHARLY DAVIDSON - Rocklegende" wird auch in China gelesen!


Das Bloggbuch über die Rocklegende Charly Davidson erfreut sich nicht nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz großer Beliebtheit (aus diesen drei Ländern haben sich bisher sog. "offizielle Verfolger" angemeldet).

Dank mehrerer Empfehlungen durch den chinesischen Blog des beliebten Schriftstellers Han Han bei DANWEI wird die Rocklegende inzwischen bei Chinas beliebtester Suchmaschine BAI DU an zweiter Stelle des "Charly Davidson"-Listings geführt. Darüber steht nur die nichtssagende eBay-Page "Wollen sie Artikel von Charly Davidson bei eBay kaufen?", danach folgt die Seite von LAST FM.

Wir verneigen uns vor dem Drachen!

Das Spirit-Of-Germany-Webteam

Samstag, der 8. August 2009

Grund: 17 TAGE EUROPA
(Charly Davidsons Sommerreise 2002)
Donnerstag / 2002-08-08
Der fünfzehnte Tag / Hünxe | Köln-Hürth | Frankfurt | Aschaffenburg | Wertheim
KRAFTWERK LIVE

Es regnet in Strömen (... Anmerkung der Herausgeber vom August 2009: Über Mitteleuropa hatte sich schon am Tag zuvor eine Schlechtwetterfront zusammengefunden, die in den Morgenstunden des 08. August 2002 Richtung Alpen zog und vornehmlich in Süd-, Mittel- und Osteuropa, zu sintflutartigen Regenfällen, Unwettern und Schlammlawinen führte, die großen Teilen Europas das erste Jahrhunderthochwasser mit Verwüstungen, Tod, Verzweiflung, Fassungslosigkeit und kaum wieder gut zumachenden Schäden brachte ...) als ich gegen 7 Uhr 30 in Hünxe losfahre. In Macon hatte ich mir eine CD von KRAFTWERK gekauft mit Liveaufnahmen aus dem Jahre 1974,, die ich mir nun anhöre, sicherlich lange illegal veröffentlicht, denn KRAFTWERK selbst haben niemals eine Live-Platte veröffentlicht. Aber inzwischen sind in Europa Livemitschnitte mit Ablauf des 25. Jahres nach der Aufnahme legalisiert worden und bedürfen nicht mehr der Zustimmung der Künstler, wenn sie veröffentlicht werden, sofern man ihnen alle sonstigen vorgeschriebenen Abgaben zahlt; dies schient mir eine deutsche Gesetzesvorlage gewesen zu sein.

Also höre ich nun wie Florian Schneider vor 28 Jahren über das
fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn singt mekr, daß dies mitunter auch ganz schön anstrengend sein kann. Kurz vor Köln wird der Regen allerdings so stark, daß auf der Autobahn nichts mehr voran geht. Die Wassertropfen, die auf die Autos schlagen, sind so dick wie kleine Meeresquallen und führen dazu, daß kein Autofahrer auf der Autobahn weiterfahren will. Alles steht. KRAFTWERK spielen nun ihre Kometenmelodie und das Wetterkraftwerk öffnet seine Schleusen um eine weitere Stufe. Jetzt erlebt man, was es heißt, wenn es wie aus Eimern regnet. Die A3 fasst die Wassermassen nicht mehr, dafür wurde sie auch nicht gebaut. Eine Viertelstunde lang dauert das Schauspiel, dann ist die unsterbliche Natur wieder dazu übergegangen, Gnade gegen uns Sterbliche walten zu lassen und es regnet nur noch in Strömen.

Irritiert stelle ich fest, daß es bei Windstärken zwar eine Maßeinheit gibt, die es den Menschen erlaubt subjektive Einschätzungen zu finden. Für Regen gibt es eine solche nicht. Noch nicht. Die zukünftigen Klimaveränderungen auf unserer Mutter Erde werden dies aber noch notwendig werden lassen, das steht unweigerlich fest, und Literangaben pro Qm sind ungeeignet, das unbändige Potential der Kraft des Niederschlags für den menschlichen Geist fassbar zu machen.

Dinge gibt es zwischen Himmel und Erde, die sich unser Verstand nicht vorstellen kann. Shakespeare hat dies so beschrieben und Goethe auch. Meine Intepretation dieser Metapher ist aus den später Siebzigern und weitaus trivialer. Trotzdem passt sie, bei den Regengüssen, die ich heute erleben mußte. Auf der Autobahn vor Köln ein Stau allein wegen des Regens: So etwas habe ich noch nie zuvor im Leben erlebt. Es war fast wie bei meinem
Appell Noahs an die Menscheit“, verfasst 1979 und vorgetragen auf meiner ICH GEBE ZU ... Bedenken“ Lesereise, die ich damals mit meinem Freund Lukas Linde unternahm ...

Ihr Narren! Wie könnt ihr bei solch einem Guß
überhaupt an ein Ausruhen denken?
Wenn ihr hättet gesehn, was ich einst erlebte
ihr würdet die Häupter senken.

Ein Strom mit unendlicher Fülle / warf sich auf die Erde herab
und ich sah die Flut mit Grausen / mich in einem feuchten Grab.
Doch die Wut des Himmels brachte / noch mehr Tosen, noch mehr Urgewalt
und so mächtge Wassermassen / dass der Hilferuf tonlos verhallt.
Dreißig Tage, dreißig Nächte / Regen und kein End‘ ist zu sehn
Mensch der du dies miterlebtest / weißt: Es wird zu Ende gehen!

Wenn ihr hättet gesehn, was ich einst erlebte
ihr würdet die Häupter senken.
Ihr Narren! Wie könnt ihr bei solch einem Guß
überhaupt an ein Ausruhen denken?“

Bei mir und im heute ist es inzwischen kurz vor 10 Uhr als ich zu einem kleinen Abstecher in Köln-Hürth eintreffe. In Köln-Hürth befinden sich die MAGIC-MEDIA-STUDIOS, Heimat vieler deutscher TV-Sendungen von der klassischen Gossip- und Talkshow bis hin zu
TV-Total. Der Zenit des Erfolges der Studios ist schon einen halben Tag überschritten, also ist das Gelände gerade richtig, um weitere Inspirationen meiner „Tausand Träume zu überprüfen. Schon wenige Minuten später bin ich in Hürth (das 'Köln' vor ihrem Ortsnamen hören die Hürther nicht so gerne; sie sind wohl ein eigenständig Völkchen) und suche den größten Medienstandort Europas. Um 11 Uhr suche ich ihn noch immer und bin doch schon drei Mal an ihm vorbei gefahren - ohne es zu wissen.

Als ich ihn dann gefunden habe, muß ist feststellen, daß man mir mit Weitwinkelobjektive bisher ganz offensichtlich ein Streich gespielt wurde, denn die MAGIC-MEDIA-STUDIOS sind so klein, daß sie in jedem der vier Gewerbegebiete Jenas ausreichend Platz gefunden hätten.Das Flair des Medienstandortes hatte sich zudem, ganz wie eine Diva, gerade in einen Ruheschlaf zurückgezogen: Sommerpause. Aber andererseits bekomme ich so einen perfekten Einblick in eine schon etwas kokonisierte High-Tech-TV-Produktionsanstalt. Die nächste Side-Plot-Idee für ein Buch, das ich noch nicht geschrieben habe, ist damit fertig; den Titel habe ich allerdings schon einige Zeit in meinem Kopf:
Moonopolis. Man muß eben nur mit offenen Augen und viel Phantasie durch die Welt laufen. Dann ist alles möglich. „Sans la liberté de blamer, il n‘est point d’éloge flatteur“; ein Zitat von Pierre Augustin de Beaumarchais, der mit Der Barbier von Sevillia einen gewissen Wolfgang Amadeus M. inspirierte.

Weiter geht die Fahrt nach Wertheim, dem Städtchen an der Mündung von Main und Tauber, wo ich auf dem Campingplatz an der Christwiesen den vorletzten Tag meiner Europareise verbringen werde. Zäh zieht es sich über die Autobahn, nicht ohne daß ich bei Wiesbaden nochmals eine, diesmal aber abgeschwächte, Version des morgendlichen Regenschauspiels erleben durfte. Wieder halten die Autofahrer an. Es wird wohl noch eine ganze Zeit lang dauern, bis ich in Wertheim ankomme.

Freitag, 7. August 2009

Freitag, der 7. August 2009 / Edit 2

WILLY DEVILLE IST TOT

Der amerikanische Rocksänger Willy DeVille ist mit 58 Jahren gestorben, wie seine Ehefrau Nina heute in New York mitteilte.

Der Musiker sei in der Nacht in einem Krankenhaus in New York seinem Krebsleiden erlegen und „sehr friedlich“ gestorben, sagte sie. Wieder ist ein ganz Großer der Musikszene gegangen.

Noch im vorletzten Jahr spielte Willy in Jena live bei der KULTURARENA und Charly Davidson war begeistert ...
... möge er seine Ruhe finden.

Das Spirt-Of-Germany-Webteam

Freitag, der 7. August 2009 / Edit 1

In Charlys Bloggbuch werden ab Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:

STERNENKLARE NACHT

Sternenklare Nacht
und du malst sie hell und stark
ganz wie einen Sonnentag
mit Augen die in der Dunkelheit der Seele sehn.

Schatten auf dem Berg
Zypressen stehn wie Fackeln da
die Sterne leuchten wunderbar
Farbenfroh in deinem Leinwandland.

Jetzt habe ich endlich
deine Botschaften erkannt,
sah, wie dir die Vernunft im Wege stand,
denn kein Blick endet am Bilderrand.
Ihre Ignoranz, die hat dich tief verletzt.
Vielleicht sehen sie es jetzt.

Sternenklare Nacht
die Felder brennen von deiner Pinselei
weiß-graue Wolken wirbeln vorbei
und deine Augen reflektieren sie blau.

Farben ändern sich
Kornfelder werden bernstein-braun
der Schmerz von alten Bauersfraun
wird gelindert durch deine Hand.

Jetzt habe ich endlich
deine Botschaften erkannt,

sah, wie dir die Vernunft im Wege stand,
denn kein Blick endet am Bilderrand.
Ihre Ignoranz, die hat dich tief verletzt.
Vielleicht sehen sie es jetzt.

Dass sie dich nicht liebten war Unrecht
denn deine Liebe die war echt.
Doch da es keine Hoffnung gab
in dieser sternenklaren Nacht
nahmst du dir das Leben
wie es Verliebte manchmal tun.
Aber ich hätte dir erzählt - Vincent
diese Welt war niemals so schön
wie jemand von deiner Art.

Sternenklare Nacht
Portraits hängen in leeren Museen
nachts gibt es dort nichts zu sehen
mit Augen, die nicht die deinen sind.

Und doch: die Fremden, die du trafst
zerlumpte Männer in gegerbter Haut
wie ein lang verklungener Schmerzenslaut
liegen sie auf deiner Leinwand wie auf unberührten Schnee.

Jetzt habe ich endlich
deine Botschaften erkannt,

sah, wie dir die Vernunft im Wege stand,
denn kein Blick endet am Bilderrand.
Ihre Ignoranz, stand ihnen tief im Gesicht.
Vielleicht sehen sie es noch immer nicht.



[Text: Charly Davidson, Musik: Don McLean "Vincent"/1971, Verlag: worte&musik © 2001]

Freitag, der 7. August 2009

17 TAGE EUROPA
(Charly Davidsons Sommerreise 2002)
Mittwch / 2002-08-07
Der vierzehnte Tag / Den Helder | Amsterdam | Uttrecht | Arnheim | BAB 3 Raststätte Hünxe
EIN GANZES MUSEUM FÜR EINEN EINZIGEN MANN

Früh um sechs Uhr geht es los in Den Helder Richtung Amsterdam und „de Nederlande“ sind immer noch so klein, daß man um sieben schon in Amsterdam ist. Zeit genug einen Rastplatz anzusteuern um ein bisschen RADIO 2 zu hören und ein wenig an verschiedenen Texten weiterzuarbeiten. Geregnet hat es in der Nacht, aber das hat mit der Bodenfeuchtigkeit zu tun - oder mit „de Unstabiliait van de Atmosphaere“, wie es der Radiosprecher erklärt - die im Laufe des Tages als Wasserdampf in die Wolken steigt und ab dem späten Nachmittag hier und da als Regen herunterkommt. Aber wenn morgens die Sonne erst einmal aufgegangen ist, dann bleibt es trocken; heute war das genau um 6 Uhr 55 der Fall. Man muss also bloss abwarten können.

Nun fahre ich weiter und höre Don McLean mit seinem Song über „Vincent“, den ich im letzten Jahr ins Deutsche übersetzt habe - frei übersetzt, denn McLean ist hier ein solch beeindruckender Poet, daß der Song nur schwer Eins-zu-Eins zu übersetzen ist. Aber sinngemäß gelingt so etwas dann schon und bei „Sternenklare Nacht“ kommen mir heute immer noch wieder einmal die Tränen.

Punkt neun Uhr wird Amsterdam eingenommen, man ist und bleibt ja schließlich Deutscher. Mein „Hotel Stern“ ist nun in einem Parkhaus verstaut, das sich „EuroParking“ nennt und einen Stundenpreis von 3 Euro hat. Deshalb fahren die Amsterdamer also Fahrrad; schon wieder hat man etwas gelernt. Ich hätte zwar mein Fahrzeug auch vor den Toren der Stadt auf einem Park&Ride-Platz abstellen können, aber dort gilt die alte Autofahrerregel: „Immer nur soviel im Auto zurücklassen, wie der Dieb tragen kann!“.

Die Amsterdamer Grachten sind jetzt schon voller Hausboote und die Straßen voller Menschen, denen man entweder ansieht, daß sie entweder Gast in Amsterdam sind oder Gastgeber. Als ich telefonieren will und mich gerade mit den Tücken eines Kreditkartentelefons befasse, geht eine verwitterte Endfünfzigerin, die so gar nichts mit Colmars Madame Fleury gemeinsam hat, an mir vorbei auf meinen Nachbarn am Nebenapparat zu und bittet diesen um eine kleine Spende. Für sich selbst natürlich. Mein Nachbar, der offenbar die gleichen Probleme mit seinem Telefon hat wie ich, gibt eine klare Antwort: „Piss off!“. Das hört die Dame gar nicht gern und lässt im besten Englisch Schimpfkannonaden auf den Mann los, jedenfalls soweit das ihr fast zahnloser Mund zustande bringt. Es sind Sätze und Worte, die ich hier überhaupt nicht wiedergeben kann, obwohl ich es durchaus könnte. „Hurensohn“, „verfickter Dreckshund“ und natürlich „... Mothafucka ...“ waren da noch hier harmlosesten. Mittlerweile hatte der Mann seine Verbindung zustande gebracht, aber das hilft ihm auch nicht viel, denn die Frau hatte das Szenario einige Minuten akustisch voll im Griff.

Im leichten Nieselregen gehe ich weiter durch Amsterdam, vorbei an Coffeeshops aus denen es nach frischen Kräutern duftet, an Automatenrestaurants, in denen fleißige Asiaten von hinten frische Frühlingsrollen oder Hamburger in die Fächer schieben und in denen man von vorn gegen den Einwurf von Münzen das Essen noch fast warm herausnehmen kann, vorbei an Schoko- und Zuckerwarenläden und an Tabakgeschäften in denen man (so wie ich) eine Kiste mit frisch gedrehten „Wilde Havannas“ erstehen kann. Natürlich treffe ich auch auf Hippies, die sich in den Parks Amsterdams wie vor 30 Jahren fühlen (obwohl die meisten von ihnen vor 30 Jahre noch gar nicht geboren waren). Ich treffe auch auf Straßenbahnen und auf Souvenierläden, die die Amsterdamer Tulpen entweder als Zwiebeln oder als Holzplagiat anbieten.

Und dann habe ich das Ziel meines heutigen Ausfluges erreicht: Ein Museum, ganz alleine nur für einen Mann. Und der hat noch nicht einmal die Photographie erfunden. Ganz im Gegenteil ...

Vincent war sechzehn Jahre alt und ein junger Mann ohne konkrete Ziele, da entschieden seine Eltern für ihn, daß er in der Kunsthandlung seines Onkels einen soliden Beruf erlernen sollte. Doch stellte man jedoch bald fest, daß Vincent keine Freude an der Arbeit in einem engen Bureau hatte, denn immer wieder schlich er sich während der Arbeitszeit ins Freie. Nach vier Jahren wurde er deswegen zuerst in eine Filliale nach London versetzt, machte dort seinen Lehrherren aber keine rechte Freude, also versetzte man ihn 1875 nochmals, diesmal in die Pariser Filliale der Kunsthandlung. In Paris gefiel es Vincent zwar m Grunde, aber eine Arbeit als Kunszhändler war immer noch nichts für ihn. 1876 trennte man sich von ihm, schickte ihn nach Holland zurück und seine Eltern waren ratlos.

Inzwischen arbeitet sein jüngerer Bruder Theodore an seiner Stelle in der Kunsthandlung des Onkels und war dabei wesentlich geschickter als Vincent. Was sollte aus dem bloss werden, der nun schon vierundzwanzig Jahre alt war? Er selbst fand eine Antwort auf diese Frage und entschied sich für eine Ausbildung als Pfarrer. Mit Inbrunst und Leidenschaft widmete er sich fortan der Vorbereitung auf das Theologiestudium. Das allerdings dauerte ihm dann doch zu lange und so wurde Vincent Laienprediger. Im Süden Belgiens erhielt er eine Anstellung als Evangelist, allerdings war „der Holländer“, wie man ihn schnell nannte, selbst der evangelischen der Kirche zu offen, den Bauern zu fromm, sich selbst aber nicht fromm genug. Seine Stelle wurde nicht verlängert.

Wer mit sechsundzwanzig Jahren schon zum zweiten Mal den Weg in den Beruf nicht geschafft hat, der gilt im Holland des 19. Jahrhunderts gescheitert. Da kann er noch so viele versteckte Talente haben. Vincents Eltern geben ihren Sohn auf, nur sein Bruder Theo ist überzeugt davon, daß aus Vincent doch noch etwas werden kann. „Schaut nur“, sagt er „wie gut er malen kann.“ Zum ersten Mal zeigt Vincent darauf seinen Eltern selbst gemalte Bilder - man staunt nicht schlecht. Die nächsten sechs Jahre verbessert er als Maler stetig seine Technik. Doch Vincents Bilder sind sehr dunkel, ganz im Stile der alten holländischen Schule gemalt. Die „Kartoffelesser“ zum Beispiel: hervorragend gemalt, aber - auch Theo sieht es, und das 'Sehen' hat er in der Kunsthandlung des Onkels schließlich gelernt - viel zu dunkel.

Deshalb schlägt Theo vor, der Bruder könne doch einige Zeit nach Paris gehen, wo es ihm ja schon einmal gefallen hat. Dort leben jede Menge Künstler und durch den Kontakt mit ihnen, kann Vincent Förderung und Inspiration erfahren. Das Geld dafür wird in der Folge Theo aufbringen, denn er verdient nicht schlecht und kann immer ein klein wenig davon abgeben. Dafür soll Vincent ihm dann seine Bilder schicken. Der Deal zwischen den Brüdern ist perfekt.

1886, er ist nun bereits dreiunddreißig Jahre alt, zieht Vincent nach Paris und erkennt dort selbst, daß sein Malstil, den er sich mit viel Mühe in Holland erarbeitet hatte, hoffnungslos veraltet ist. So entwickelt er sich in Paris weiter, eignet sich in nur vierundzwanzig Monaten seinen unverwechselbaren Malstil an. UNd Vincent idt zügellos: nun sind seine Bilder außerordentlich farbig und er probiert stets neue Techniken aus. Portraitmaler will er nun werden. Sein bestes Modell ist er selbst. Vincent malt Selbstbildnis um Selbstbildnis, alle unsigniert, denn es sind ja nur Versuche. Aber jedes Bild sieht anders aus. Mal getupft, mal auf Karton, das nächste mit dicker Ölfarbe. Vincent braucht sich nicht zu wundern, daß er keine Kundschaft hat. Wenn jedes Bild anders aussieht, dann kann man nicht sicher sein, wie das bestellte Portrait am Ende sein wird.

Theo könnte die Bilder vielleicht verkaufen, aber er hebt sie alle auf. Und er schickt Vincent weiter Geld. Der wiederum isst kaum, lebt bescheiden und legt alles Geld in Ölfarbe und Leinwand an. In seinem Zimmer riecht es stets nach frischer Farbe. Und das obwohl er am liebsten im Freien malt. Nach zwei Jahren in Paris zieht Vincent um nach Arles in Südfrankreich. Dort will er mit seinen Freunden Toulouse-Lautrec und Gauguin eine Künstlerkolonie errichten. Damit Theo weiss, wie es bei ihm in Arles aussieht, hat er ihm einmal das Schlafzimmer nachgemalt.

Gerne, schreibt Vincent an Theo, würde er bei sich Freunde aufnehmen, aber es würden so wenige kommen. Toulouse-Lautrec steckt meistens in irgend einem Bordell fest und Gauguin käme auch nicht so oft zu Besuch. Aber das hat wiederum einen guten Grund: Vincents Zimmer ist klein und karg, die Wände so leer, dass Vincent Dinge auf Leinwand malt, die er dann an die Wände hängt. Zum Beispiel Sonnenblumen, die mag Paul Gauguin sehr, das weiss Vincent. Also malt er seinem Freund einen Strauß und hängt ihn, die Ölfarben sind noch frisch, auch an die Wand.

Vincents Leben, kaum etwas zu essen kaufen, dafür wie ein Besessener malen, ist seinen Freunden suspekt. Es kommt zum Streit, denn Gauguin muss wieder zurück nach Paris,
Toulouse-Lautrec kommt gar nicht mehr vorbei. Vincent ist einsam. Er schreibt an Theo, daß er sich freuen würde, wenn dieser eine Zeit lang zu ihm nach Arles ziehen könnte. Außerdem schreibt er seinem Bruder, daß er manchmal ohnmächtig wird oder Wahnvorstellungen hat, wahrscheinlich käme das von den Ölfarben. Und daß er sich neulich ein Ohr abgeschnitten habe, das verbundene, bandagierte Haupt hat er aufgemalt, damit Theo es sehen kann.

Der Bruder kommt sofort und ist beunruhigt, als er feststellt, daß Vincent gesundheitlich stark angegriffen ist und oft von psychotischen Anfälle geplagt wird. Er redet lange auf seinen Bruder ein und Vincent erklärt sich freiwillig zu einem einjährigen Aufenthalt im Hospital von St. Rémy bereit. Die Bedigung: Er darf dort malen! - Der Leiter des Hospitals stimmt zu.

Kurz bevor er sich ins Hospital begibt, besucht er noch einmal die Gegend um Arles, prägt sich alles ein, was er sieht, am Strand die dort liegenden Fischerboote, die Hebebrücke, die Felder. Und dann malt er all dies in St. Remy aus dem Gedächtnis heraus. Darunter viele seiner besten Bilder. Vincent malt Bild um Bild, wie besessen, es werden so viele Bilder, wie nie zuvor. Diesmal will er die Welt mit seiner Leinwand
missionieren. Doch es wird und wird nicht besser mit Vincents Gesundheit.

Auf eigenen Wunsch wird es nach einem Jahr entlassen. Jetzt will Vincent in die Nähe seines Bruders ins dörfliche Auvers ziehen. Das liegt bei Paris und viele bekannte Künstler haben dort schon gewohnt. Dort gibt es auch einen guten Arzt, Kunstfreund und Amateurmaler: Paul Gachet. Dieser kümmert sich um Vincent und bekommt dafür von diesem ein Portrait gemalt. Aber Vincent fühlt, daß er sich und zugleich auch die Visionen seiner Seele aufgebraucht hat. Mitte Juli 1890 schreibt er an seinen Theo, er fühle sich ausgebrannt, habe keine Ideen mehr für neue Bilder: „Ich empfinde dies als mein Schicksal, das ich annehme und das sich nicht mehr ändern wird“. Noch bevor Theo Zeit für ihn hat und ihn besuchen kommt, findet Vincent am 27. Juli 1890 in einem Stall zufällig ein Gewehr, geht damit auf das Feld des Bauern und schiesst sich damit in die Brust. Dr.
Gachet erkennt, dass der Schuß ihn nicht getötet hat, Vincent ihn aber, aufgrund der Verletzungen, die entstanden sind, nicht überleben wird können. Am 29. Juli ist Vincent Van Gogh dann tot.

Theo Van Gogh kann dieses Ende seiens Bruders nie verwinden. Hat er sich zu wenig um ihn gekümmert? War dessen Selbstmord seine Schuld? Ein halbes Jahr nach Vincent stirbt auch er an gebrochene Herzen. Vincent und Theo liegen vereint auf der Friedhof von Auvers-sur-Oise. Theos Witwe Johanna hat alle Bilder, die Vincent jemals an ihren Mann geschickt hatte, aufgehoben und lagerte sie auf dem Dachboden. So sind auch Jahrzehnte später, als Vincent Van Goghs Werk langsam Berühmtheit erlangt, fast alle seiner Werke in Familienbesitz. Insgesamt rund 250 Bilder. Von Vincent gibt es nur noch etwa zwanzig weitere Bilder, die er zumeist Bauern zum Tausch gegen Essen gegeben hatte.

Johanna Van Gogh initiiert Ausstellungen und verkauft einige Bilder an Sammler, die inzwischen gutes Geld hierfür zahlen. In den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ordnet sie die verbliebenen Bilder nochmals und katalogisiert sie: es sind noch etwa 200 Stück verblieben. Nach ihrem Tod erbt ihr Sohn Vincent (von Theo benannt nach seinem Bruder - zu Ehren seiner Geburt hatte ihm der Onkel die
Mandelblüte gemalt) die Bilder des Onkels. Vincents Neffe Vincent bittet den niederländischen Staat darum, ein Museum für die Bilder seines Onkels zu finden. Dann könne er sich vorstellen alle verbliebenen rund 200 Bilder und den gesamten Schriftverkehr in eine Stiftung zu überführen und diese würde dann alles dem Staat als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen.

In den 1950er-Jahren wird die Idee aufgegriffen, 1962 von Vincents Neffen die Stiftung gegründet. Ein Jahr später gewinnt man den Stararchitekten Gerrit Rietveld für die Konstruktion eines ganzen Museums speziell nur für die Bilder eines einzigen Mannes. Vor dreissig Jahren wird das Museum eröffnet. Von da an können alle Menschen in Ruhe die Originale von Vincent Van Gogh ansehen. So wie ich an diesem Tag, den ich deshalb niemals wieder vergessen werde.

Erst am späten Nachmittag, kurz bevor es seine Pforten schliesst, verlasse ich
das Museume. Nicht für immer, denn irgendwann zieht es jeden in dieses Museum zurück. Nur für den Augenblick.

Über Uttrecht fahre ich nach Arnheim und dann zur Raststätte Hünxe, die ich dieses Mal von der anderen Seite kennenlerne. Als es schon dunkel ist, schreibe ich diese Zeilen und danach das Ganze noch einmal in einem Brief an meine Nichte Ina. Es fängt erneut an stark zu regnen.

Donnerstag, 6. August 2009

Donnerstag, der 6. August 2009 / Edit

NEUE WEGE ENTDECKT MAN BEIM GEHEN
- Der WECKER im Gespräch mit einer Rocklegende -
(Teil 2 in der August-Ausgabe 2009)

Sandra Prechtel von der Schüler- und Jugendzeitschrift WECKER bekam die seltene Gelegenheit mit Rainer W. Sauer über "CHARLY DAVIDSON - Rocklegende" zu sprechen. Im zweiten Teil erzählt der Autor alles über die Hintergründe der Geschichte.

WECKER: Nun geht es ja in "CHARLY DAVIDSON - Rocklegende" nicht vordergründig um seinen Tod, sondern vor allem um sein Leben. Was war ihnen wichtig zu erzählen?

SAUER: Leben und Sterben, Aufstieg und Fall, das sind hier vor allem Metaphern. Aufstieg und Fall, darum geht es bei Charly Davidson ja wahrsten Sinne der Worte. Es wird erzählt, wie aus einem kleinen Jungen, der es im Leben nicht einfach hat, ein Träumer wird, der sich durchzuboxen lernt, der unbewusst Entscheidungen trifft, Weichen stellt und dann loslegt – soweit die Legende. Hierin versteckt sich aber eine Ära der deutschen Musikgeschichte, die schon fast selbst zur Legende wurde. Und das auch noch zweigleisig: 1.) der Beginn des Elektromusik-Zeitalters, das nun selbst unter unvoreingenommener Betrachtung zu einem deutschen Kapitel der Musikhistorie wurde, 2.) der Deutschrock mit Epigonen wie IHRE KINDER, Udo Lindenberg, Nina Hagen und SPLIFF, Herbert Grönemeyer, INTERZONE und so weiter. Als ein Mensch, der das alles bewusst miterlebt hat, war es mir an der Zeit, einige Dinge beispielhaft zu erzählen und damit zu sagen: Es gab eine Zeit vor POPSTARS und DSDS und das war eine legendäre Zeit, denn das war Rock 'n' Roll in Deutschland. Übrigens in Ost wie in West.

WECKER: Nun tauchen im Buch ja Figuren auf, die es wirklich gab, Heiner Pudelko um Beispiel, andere klingen echt, haben aber Namen, an die man sich noch gewöhnen muss. Hans Voreigner zum Beispiel, der bei Ihnen ja wie die Band Foreigner ausgesprochen wird nd Kontakte zu den BEATLES hatte. Steckt da etwa ein wenig Klaus Vormann drin?

SAUER: Nur ein klein wenig, sozusagen die BEATLES Komponente, von Hans Voreigner ist Klaus Vormann. Ich hoffe, er verzeiht es mir, dass ich seine Biografie mit BEATLES-Anleihen hier ein wenig eingebracht habe. Aber er ist ein Urgestein der Deutsch-Rock. Hat TRIO entdeckt und mit vielen Größen musiziert. Das durfte nicht vergessen werden. Aber ansonsten ist die Figur von Hans Voreigner autonom und hat nichts mit Klaus zu tun. Es gibt übrigens ein menschliches Vorbild aus meinem ganz persönlichen Bekanntenkreis, dem ich Voreigner nachempfunden habe. Autonom sind auch alle andere Figuren, die mal leichter zu enträtseln sind, wie Produzent Ronny Punk oder Elektromusiker Brain O-N-E - da soll man sich einfach vom Wortgesang leiten lassen oder ein, zwei Buchstaben umstellen - mal schwerer..

WECKER: Und die echten Figuren wie David Bowie oder Bob Dylan?

SAUER: Einen David Bowie kann man nicht fälschen. Das ist nun mal David Bowie. Ebenso Bob Dylan. Da musste ich nichts ändern, die haben ja sogar in echt Künstlernamen, der Herr Zimmermann und der Herr Heyward-Jones. Die Anekdoten sind aber echt und belegt, haben nicht immer direktetwas mit Charly Davidson zu tun, sind aber tatsächlich so geschehen. Etwa die Szene, in der einem verblüfften Bob Dylan ein Autogramm abgenötigt wurde.

WECKER: Und was ist mit Uschi Maus, der Frau, die Charly verraten wird?

SAUER: Alles Fiktion, die gibt es nicht in dieser Form, selbst wenn Menschen behaupten, sie zu kennen. Da steckt viel Mythologie drin. Vom Caesaren-Mord bis hin zu Judas. Aber die 'Femme Fatale' als solche gibt es ja, wie viele Beispiele zeigen. Und ihre 'Gold Digger'-Variante a la Nowitzki sowieso.

WECKER: Sind Sie selbst so jemandem schon einmal begegnet?

SAUER: Könnte ich sonst so konkret darüber schreiben? Die nächste Frage bitte.

WECKER: Die "Rocklegende" ist ja nicht nur ein Buch sondern ein ganzes Paket drumherum mit Webseiten, Musikprojekten, Pecha-Kucha-Vorträgen. Wie kommt man auf so eine Idee?

SAUER: Neue Wege entdeckt man beim Gehen. Es ging hier um Glaubwürdigkeit. Wie kann ich über einenMusiker erzählen, von dem es keine Musik gibt. Wenn er 1755 gelebt hätte und meinetwegen beim Erdbeben in Lissabon ums Leben gekommen wäre: kein Problem. Da wäre all das verbrannt. Aber in der heutigen Zeit mit Internetrecherchen und Webarchiven? Da wurde es notwendig, einiges zu erfinden oder zu publizieren, was die Arbeit am Buch verlängert hat. Ich habe hierzu einen speziellen Pecha-Kucha-Vortrag unter dem Titel "Darf man eine Existenz fälschen"/Zusatz: Wenn ja, wie macht man das? - Den kann man sich im Internet anschauen.

WECKER: Jetzt nimmt das ganze ja schon fast virale Züge an. Ist das der beginn einer Charly-Davidson-Epedemie?

SAUER: Ich denke, das würde sich Charly wünschen, vor allem aber der Verlag, der das Buch herausbringen wird. (lacht!) Das Virale Marketing war von Anfang an unser Ziel. Deshalb war es notwendig seit 2006 Webseiten rund um die Begriffe 'Korff' und 'Davidson', 'Elektromusik' und 'Rocklegende' zu etablieren, die nun bei GOOGLE ganz vorne rangieren, dies, ohne dass wir hierfür bezahlt hätten.

WECKER: Wie geht das Ganze weiter?

SAUER: Wir haben Vorstellungen, wie wir das Buch vermarkten wollen. Wir, das sind die Personen, die direkt am Buch beteiligt sind, darunter die Macher der Webseiten und gute Freunde von mir. Auch ein Mäzen aus dem Musikbusiness, dessen Name ich nicht nennen werde, gehört dazu. Dem hat die ganze Sache so gut gefallen, dass er als kühl kalkulierender Geschäftsmann Geld in das Projekt investiert.

WECKER: Was wird auf "CHARLY DAVIDSON - Rocklegende" folgen?

SAUER: Zunächst einmal all das, was dazugehört um sie zu pflegen. Lesungen, Konzerte, Vorträge und so weiter.

WECKER: Konzerte? Wird Charly Davidson auftreten, wo er doch tot ist? Ich frage das vor allem, weil Sie ihn ja auf Fotos darstellen.

SAUER: Natürlich kann ein Toter nicht auftreten. Aber es gibt seine Band BEGLEITUNG noch und man wird sich etwas einfallen lassen, um Charly auf die Bühne zu bringen, da bin ich mir sicher. (lacht!)

WECKER: Kann man auf einen zweiten Band hoffen, die Fortsetzung der "Rocklegende"?

SAUER: Ich kann mir ein zweites Buch vorstellen. Schließlich sind Batman, die Jedi-Ritter und auch ein Andre Heller wieder zurückgekehrt. Warum nicht auch Charly Davidson? Man muss nur sehen, wie. Vielleicht in Form einer ganz anderen Sichtweise. Auf gar keinen Fall aber als der, der er einstmals gewesen ist. Das ist Schnee, oder besser Asche, von gestern.

WECKER: Vielen Dank für das Interview.

Interview © 2009 für die Schüler- und Jugendzeitung DER WECKER

Donnerstag, der 6. August 2009

17 TAGE EUROPA
(Charly Davidsons Sommerreise 2002)
Dienstag / 2002-08-06
Der dreizehnte Tag / Den Helder
WILLKOMMEN IM TAUSAND TRAUM

Der Morgen bringt eine Überraschung: In einem wolkenlosen blauen Himmel brennt die Sonne und es ist fast so heiß wie in Südfrankreich. Heute will ich die einzelnen Küstendörfer und die Urlauber inspizieren. Zwischen Den Helder und dem etwa 40 Kilometer südlicher gelegenen Alkmaar gibt es eine Menge davon. Von unten nach ober sind dies Orte wie Bergen und Schoorl, Camperduin, Petten und Sint Maartenzee, Callantsoog, t’Zand, Groote Keeten und Julianadorp.

Genau hier wollte ich inspizieren, ob das stimmt was ich 1979 zu Papier brachte: meine Ideen und Inspirationen für den Küstenort Zinnober im meinem Buch „Tausand Träume“, im dem ich das nachempfand und weiterführte, was J. G. Ballard in seinem Buch „Die 1000 Träume von Stellavista (und andere Vermilion Sands Stories)“ vorgemacht hatte. Zu Ballards Sammlung von SF-Geschichten hatte ich schon vor eine Vierteljahrhundert als junger Musiker Lieder und Liedtexte geschrieben, „Drakeman“ und „Fableman“ für CDAF. Damals wollte ich eine eigene Geschichtensammlung hierzu zusammenstellen, aber das Buch „Tausand Träume“ ist nie erschienen. Allein die Geschichten „Das Herrenhaus“, „Tausand Träume“ und „Sunder Bay“ habe ich damals bei Lesungen vorgestellt.

Zur Handlung:

Zinnober ist ein Küstenort, irgendwo in der Zukunft, der seinen Namen von der Farbe seiner Sandstrände und Dünen erhielt. Auch in der Umgebung von Zinnober wirkt alles, wie eine Landschaft auf dem Mars, wäre da nicht der azurblaue Himmel und das tiefblaue Meer. Diese Kombination aus Rot und Blau hat Zinnober einst berühmt gemacht. Viele Jahrzehnte lang war „Zino“ der globale Trend-Urlaubsort schlechthin; aus der ganzen Welt kamen die Schönen und Reichen um hier einen Teil ihres Jahres in wohliger Dekadenz zu verbringen.

Doch die „rot-blau-goldenen Zeiten“, wie man sie nannte, sind nun auch schon einige Dekaden her. Jetzt ist Zinnober abgerutscht in der Beliebtheitsskala, hat sogar schon fast die Phase des Massentourismus hinter sich gebracht und träumt trotzdem weiter von der guten alten Zeit. Dies allerdings im Angesicht von Gewalt, Umweltzerstörung, Entfremdung und einem allgemeinen Unbehagen angesichts der nur scheinbar funktionierenden Gesellschaft, die sich schon fast überlebt hat.

Damit es nicht in Vergessenheit gerät folgen hier als kleine Appetithappen eine kurze Abhandlung der einzelnen Plots für einzelne „Tausand Traum“-Geschichten:

SUNDER BAY = Hier baden bevorzugt Sünder, denn man erzählt sich, dort könne man sich von seinen Sünden reinwaschen, wenn der Milchmond scheint. Doch wo bleiben die Sünden danach? Wirklich am Meeresboden, wie es die Legende besagt?

DRAKEMAN, DER DRACHENMANN = Drakeman ist keine sechzehn Jahre alt. Seit seinem 12 Lebensjahr fliegt er, nur mit einem einzigen Seil am Boden fixiert, in einem Spezialanzug durch die Luft am Strand vor Zinnober. Und er verbessert den Anzug immer weiter. Waghalsige Flugabenteuer sind seine Spezialität. Viele Mädchen bewundern ihn und schauen aus Spass zu, von den reichen Urlaubern aber, die zuschauen, sammeln seine Helfer am Boden sammeln Geld ein. Drakeman aber träumt nicht von Geld oder Bewunderung. Ein alter Indianer hat ihm von „El Nondo Mondo“erzählt, DER Windböe, die es nur einmal im Leben gibt und die einen Menschen, der das Fliegen beherrscht, so wie Drakeman, um die ganze Erde tragen kann. Das ist Drakemans Tausand Traum: Wenn „El Nondo Mondo“ kommt, dann wird er in der Luft sein, das Seil kappen und davonfliegen. Nicht für Geld, nicht für die Bewunderung über seinen Mut, sondern nur für sich allein.

ALS DER GROSSE REGEN KAM = Eines Tages fing es in Zinnober einfach zu regnen an und es hörte und hörte nicht auf. Zuerst finden das alle spaßig, dann aber, als viele Gäste ihre Buchungen stornierten, machen sich die Bewohner von Zinnober Gedanken, warum es zu dm Regen kam: sollte er etwa eine Gottesstrafe sein? Während geschäftstüchtige Einwohner aus der Not eine Tugend machen, die Stadt kurzerhand in Zinnobad umtaufen und ihre Gäste mit neuen Angeboten wie Regentanz und Tropfenmassage anlocken, geht ein Bewohner der Sache auf den Grund. Was er herausfindet ist gar nicht gut für die Stadt.

Die Idee für die Geschichte ZIRKUSDELPHINE ist ein Nachzügler und entstammt einer Zeitungsmeldung der 90er-Jahre: Der Wanderzirkus „Baya Marino“ zieht durchs Zinnober-Land nach dem Motto: Man nehme einen Bagger, grabe ein Loch in den Sand, lege das Loch mit einer Folie aus und lasse ein paar tausend Liter Wasser hineinfließen. Dann kippe man eine gute Prise Kochsalz und Chlorid hinein und fertig ist das Delphinarium, in dem die Zirkusleute Delphine und Seelöwen tanzen lassen. Schon bald hat das Mädchen Solitude Visionen. Sie glaubt, die Delphine des „Baya Marino“ würden geistigen Kontakt mit ihr aufnehmen. Sie berichten ihr, daß sie am Tage stundenlang in sengender Hitze in einem winzigen dreckigen Wasserloch ausharren müssen, dessen Wassertemperatur subtropische Werte hat. Und nur deswegen machen sie am Abend als Ausgleich die ganzen Kunststücke: Bälle fangen, durch brennende Reifen springen, im seichten Wasser tanzen. Solitude beschließt, ihnen zu helfen.

SYMBIOSE = Die „Law & Order Company“ ist seit einem Jahr in der Stadt. Sie sucht in der Nähe der drei großen Dünen nach Gold - und findet es tatsächlich auch. Es dauert nicht lange und ganz Zinnober wird von Glücksrittern heimgesucht. Officer Maurice Millier von der Beachpolice kommen Zweifel an den Goldfunden, er vermutet einen großangelegten Schwindel. Überrascht stellt er fest, dass die L&O-Company von einer jungen Frau namens Stacy Grove geführt wird, der alle Männer zu Füssen liegen. Er ist sich sicher, die junge Frau früher schon einmal gesehen zu haben und entdeckt dabei eine „Symbiose“. Doch auch Maurice Millier verfällt Stacy und erkennt, dass sie sein Schicksal sein wird. Am Ende ist Stacy Grove genau so schnell aus Zinnober verschwunden wie sie gekommen war. Nur für Maurice hat sich das Leben verändert. Er sucht verzweifelt nach Gold und nach Stacy.

DIE WELLENREITER VON LOVE BEACH = Am Strand von Zinnober gibt es einen neuen Sport: Das Wellenreiten auf dressierten Delphinen, deren Abrichten extrem teuer ist, weshalb sich diesen Sport nur die Superreichen leisten. Jeden Abend sitzen einige tausend Menschen am Strand und beobachten den bizarren Wettstreit; Wetten werden angenommen. Bei den Beckerich Brüdern Burt und Geryon (die zwar den gleichen Vater haben - Ray Beckerich ist Milliardär und DER Getränkebaron des Landes -, jeder der beiden hat aber eine andere Mutter) ist der Ehrgeiz erwacht, den anderen zu besiegen, selbst wenn sein Tod der Preis für den eigenen Sieg sein sollte. Nicht einmal der Vater und die Mütter können etwas dagegen ausrichten. Und so kommt es eines Tages unweigerlich zum Showdown am „Love Beach“.

Alles in allem sind dies atemberaubende Geschichten aus meinem ersten Buch, denen ich in meinem Lieblingsküstenort Zinnober, vielen Niederländern möglicherweise besser geläufig als
Groote Keeten, heute zu meiner Zufriedenheit folgte. Und nach einem unglaublich roten Sonnenuntergang, ein Gewitter war im Anmarsch und durch den einsetzenden leichten Regen wurde der Sonnenuntergang immer flammender, schlafe ich langsam - das Zelt ist schon verstaut - müde und zufrieden ein. Der Regen plätschert auf das Autodach und ich denke daran, Als der große Regen kam. - Großartig!

Mittwoch, 5. August 2009

Mittwoch, der 5. August 2009 / Edit

17 TAGE EUROPA
(Charly Davidsons Sommerreise 2002)
Montag / 2002-08-05
Der zwölfte Tag / Zwei Nachträge - Teil 1
1772

Es war heute vor 230 Jahren, da nahmen sich Russland, Österreich und Preußen, jede dieser drei Nationen also, ein Stück von Polen. Zwei mal teilte man danach noch den „Polnischen Kuchen“ und durch diesen Landraub hörte der polnische Staat 1795 auf zu existieren. Aber weshalb kam es vor 230 Jahren so weit? Im Grunde war das ganz einfach: Das einst sehr große und zeitweise sogar sehr mächtige Polen hatte das Pech, in der Mitte des 18. Jahrhunderts genau zwischen zwei aufstrebenden Großmächten zu liegen. Russland und Preußen machten zu dieser Zeit erste Gehversuche in der großen Politik und da kam es den beiden gerade recht, dass Polen eine merkwürdige Art der Monarchie hatte: Das Wahlkönigtum. Immer mehr und immer neue Herren bewarben sich um Polens Thron und in der Adelsversammlung - Polen hatte kein Parlament - genügte eine einzige Gegenstimme um das Gremium zu lähmen. Zudem waren 10 % von Polens Bevölkerung adelig, so dass sich immer wieder ausreichedn Adelige fanden, die als Strohmänner für fremde Interessen ihr Veto einlegten.

So kam es dazu, daß der Adel sich weigerte, für ein polnisches Heer Steuern zu zahlen; Polen wurde neutral.

Diese Neutralität zwischen den Mühlsteinen Preußen und Russland lud zum Landraub geradezu ein. Am 05. August 1772 begann die Annexion. Russland nahm sich das polnische Littauen mit etwa 1,3 Millionen Einwohnern, Österreich (als Garantiemacht) einige polnische Gebiete um Lemberg und Krakau mit 2,6 Millionen Einwohnern und Preußen, ausgelaugt von seinen Eroberungskriegen, Westpreußen mit 580.000 Einwohnern. Der alter Fritz betrieb anschließend die „Germanisierung“ Polens mit wenig Feingefühl, wollte schnell willfährige Untertanen und frische Soldaten haben.

Genau heute vor 230 Jahre erwachte in der Mehrheit des polnischen Volkes aufgrund der Dinge, die man erleben musste, erstmals der Wunsch nach einer eigenen und großen Nation. Es sollte aber erst bis 1918 dauern, bis der polnische Staat von Neuem entstand.


17 TAGE EUROPA
(Charly Davidsons Sommerreise 2002)
Montag / 2002-08-05
Der zwölfte Tag / Zwei Nachträge - Teil 2
GOODBYE NORMA JEANE

Am 05. August 1962 wurde in den USA der leblose Körper einer Frau aufgefunden, der fast schon ein öffentlicher Körper gewesen war, bis hin in die höchsten Regierungskreise. Sexgöttin nannte man sie, außen der Vamp und innen das ewige Kind, insgesamt gesehen: die wasserstoff-blonde Venus. Und trotzdem gewinnt man mit diesen Attributen nicht einen Zentimeter Land auf der „terra incognita“ dieser toten Frau.

War es Mord oder Selbstmord? Für beide Thesen schienen genügend Gründe vorzuliegen. Wurde sie erpresst, weil sie als fast noch Jugendliche in einem Pornofilm mitgespielt hat? War sie als Geliebte des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika nur ein Spielball oder schon zu einem Sicherheitsrisiko geworden? Oder aber war diese Göttin einfach nur latent unglücklich gewesen? Als Mensch, als Frau, als Schauspielerin?

Blond war sie jedenfalls nicht immer. Damals, in ihrem ersten Leben als Norma Jeane Baker, Jahrgang 1926, hatte sie ein sehr schönes Nussbraun als Haarfarbe. Mit 16 heiratete sie einen Flugzeugmechaniker, wohl um aus der Tristesse ihres Elternhauses zu fliehen. Später dann, als Star, heiratet sie noch zwei weitere Male und zwar einen amerikanischen Volkshelden des Baseball und einen berühmten Schriftsteller; immer ohne Glück in der Liebe zu haben. Wenigstens kümmerte sich der Baseball-Held und eine standesgemäße Beerdigung ... und heiratete auch niemals wieder.

Dem Wunsch eine große, beliebte Schauspielerin zu werden, folgt schon bald die Ernüchterung. Norma Jeane Baker erkennt wohl, daß sie dies als realer Mensch nicht schaffen wird. Also formt sie aus aus Normae Jean eine Kunstfigur namens Marilyn und übernimmt den Nachnamen ihrer Großmutter Della Mae Monroe. Auch die Haare ändert Marilyn und zwar von nussbraun in blond. Nun sollte es doch klappen, denn Männer bevorzugen nun mal blonde Frauen. Ihr Image folgt fortan der Haarfarbe: von artig und brav bis dumm-lasziv und erotisch.

Aber sie hat es nicht leicht, sieht sich gelegentlich sogar als Wanderpokal im Babel Hollywoods. Dennoch glaubt sie fest an ihr Glück. 1949, im letzten Film der Marx Brothers, hat sie neben Groucho Marx, der einen Detektiv spielt, ihre erste große Nebenrolle: eine verführerische Klientin. Und das Unfassbare tritt ein: Aus der Raupe Norma Jeane Baker wird in diesem Moment und fast über Nacht der glitzernde Star, „die“ Monroe. Dem „Asphalt Jungle“ und dem „Monkey Business“ folgen die legendären Filme, die jeder kennt, von „Niagara“ bis hin zu „The Misfits“ 1961. Und das im Grunde immer noch brave Mädchen spielt seine Rollen perfekt, macht die Männer massenhaft verrückt und die Hersteller von Wasserstoffsuperoxyd reich. Hollywood buhlt um die Frau, die man zuvor wie eine Bittstellerin abgewiesen hatte. Hinreißend spielt sie in Komödien, gibt all ihr Talent, wenn sie singt, ist das erste Playmate der ersten „Playboy“-Ausgabe.

Doch sie ist beileibe nicht so dumm, wie alle sie sehen. Marilyn will ins seriöse Fach, erzählt sie voller ehrlicher Naivität und alle lachen über ihren vermeintlich neuesten Scherz. Bald erscheint sie bei ihren Therapeuten nüchterner und pünktlicher als am Set ihrer Filme. Im Sommer 1962 erlebt sie dann eine Enttäuschung nach der anderen. Die Tragik beginnt im Mai, als sie „ihrem“ Präsidenten öffentlich ein Geburtstagsständchen singt, wie es die Welt noch nicht erlebt hat. Vor allem, wie sie singt und was sie dabei nicht singt ist das entscheidende. Kennedys Berater raten ihm ab: Diese Frau wird zu heiß für dich. Ein Schock! Schon wieder wurde sie sitzen gelassen, ausgenutzt, sexuell gebraucht und dann weggeworfen. Drei Monate später ist sie es dann, die ihr Leben weg wirft. Am 05. August 1962. Mit viel zu viel Schlaftabletten und Alkohol in ihrem schönen Körper.

„Goodbye Norma Jean ...“ sang einmal Elton John über eine Frau, die er persönlich so wenig kannte, daß er deren letztes 'e' im zweiten Vorname einfach vergaß. Und warum eigentlich nicht „Goodbye Marilyn“? Um alles noch schlimmer zu machen, änderte er diese Textzeile später auch noch für eine Frau um, die er persönlich kannte: „Goodbye Englands Rose...“. Dieser Betrug ändert aber nichts daran, daß Elton John „Candle in the wind“ für Marilyn geschrieben hatte: „Du lebtest Dein Leben wie eine Kerze im Wind ...“ - Und sie pustete dieses Licht niemals aus.

Weshalb sie es nicht getan hat, als noch Zeit dazu war? Man kann es nur erahnen. Vielleicht, weil sie sich dann wieder in Norma Jeane zurückverwandelt hätte. Und Norma Jeane, das wollte sie niemals wieder sein.