Hier findet man den Auszug aus einer Charly Davidsons Kolumne im "STERN" vom 10. November 1997 anlässlich des 65. Geburtstages von Gunter Sachs:
Als ich ein Jugendlicher war, gab es für mich nur ein einziges deutsches Symbol vermeintlichen Lasters: Gunter Sachs. Dieser Mann hielt sich immer dort aus, wo tags die Sonne schien und abends lasterhafte Partys gefeiert wurden. Und damit dieses Leben auch so angenehm wie möglich stattfinden konnte, liefen ihm die Frauen irgendwie automatisch zu, während mir die Mädchen immer von feindlichen Kräften ausgespannt wurden. Dazu hatte der Kerl, im Gegensatz zu mir, soviel Taschengeld, wie er nur wollte. Dagobert Duck war aus meine damaligen Sicht ein armer Geikragen, während der Playboy Gunter Sachs mit seinem geld nur so um sich werfen konnte.
Dass die Dreigangschaltung meines Fahrrades seinen Namen trug, war nur eine Erklärung dafür, woher dieses Geld kam. Trotzdem hätte ich ihn als Idol spätestens in dem Moment fallen gelassen, in dem seine Heirat mit der schrulligen Tochter eines Wirtschaftskonzern oder einer Adelsdynastie vermeldet worden wäre. Doch wen hatte der Mann auserwählt? Es war Brigitte Bardot. Und die erst den Franzosen auszuspannen und dann zu ehelichen, war eine Meisterleistung, eines wahren Playboys würdig und aller Ehren wert.
Als ich ihn Mitte der 80er-Jahre in Münschen kennenlernen durfte, war ich natürlich aufgeregt. Was ich in München so machen würde, fragte er mich. Ich sei wegen eines Auftritts hier, antwortete ich. Wie die Verpflegung sei, Backstage fragte er mich. Ich sagte: na,ja, es geht so. Da legte er seinen Arm um meine Schulter und sagte: Wenn Du willst, dann lade ich Dich heute Nacht zum essen ein. Ich glaube, dass ich nie zuvor einen Auftritt so früh beendet hatte, wie an diesem Abend in München. Und wor er mich zum Essen hinbrachte war unglaublich. Mit dem Helicopter ging es in die Schweiz, über die Grenze. Die Zollbeamten winkten uns einfach so durch, es war unglaublich. Und mit der Limousine ging es in das beste restaurant in Gsstad. Seitdem wir befreundet und diese Freundschaft hat er meine Lebensauffassung in ganz unterschiedlichen Bereichen inspiriert.
Als gedämpft revolutionärer Politrocksänger, der ich einst war, waren mir bis dato wohlhabende Menschen so lange suspekt, bis ich selber einer wurde. Bevor ich Gunter kennenlernte, kriegte ich Vermögen und Anstand irgendwie nicht in eine Reihe. Armut und Maßlosigkeit schon gar nicht. Obwohl ich in schon in einigen seiner Häuser zu Gast gewesen bin, weiß ich immer noch nicht genau, wie viele Häuser Gunter Sachs besitzt, aber auf jeden Fall habe ich schon an die hundert Kühlschränke in seinen Häusern geöffnet. Normal ist das nicht, aber ich habe in den gut zehn Jahren, in denen ich Gunter kenne, keine einzige Geste der Überheblichkeit in ihm bemerkt. im Gegenteil. Was dieser Mann für wohltätige Zwecke geleitet hat, ohne hierüber in der Öffentlichkeit oder vor der Presse je eine Wort zu verlieren, ist unglaublich. Sein philanthropischer Einsatz für medizinische Forschung ist allein den Instituten bekannt, die im Interesse der Allgemeinheit davon profitieren.
Die arrogante “Ich hab’s ja”-Mentalität ist ihm ebenso fremd wie ein Macho-Verhalten, mit dem ich fest gerechnet hatte, weil sein Ruf ihn eigentlich darauf verpflichtet hätte. Sachs funktioniert anders. Ein Möchtegern-Playboy schnippt mit dem Finger, wenn’s um Frauen geht, Gunter verneigt sich vor ihnen, macht ihnen Geschenke. Ich habe in unseren Gesprächen über das andere Geschlecht, und davon gab es viele, keine einzige hämische, despektierliche oder anzügliche Äußerung über Frauen von ihm gehört. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass er mit 26 Jahren den Vater verlor, als der aufgrund von Depressionen Suizid beging.
Auch der immer wieder bemühte Vorwurf des reichen Müßiggängers ist bei ihm so sehr deplaziert, dass es sich nicht lohnt, ein wort hierüber zu verlieren. Es sollte sich herumgesprochen haben, dass Sachs Mathematik studiert hat, für seine Dokumentarfilme mit Preisen überhäuft wurde und als Fotograf weltweit anerkannt ist. Seine Sammlung moderner Kunst ist von hohem Ruf.
Nun wird dieser außergewöhnliche Mann 65 Jahre alt und ich bin mir sicher, dass Gunter Sachs noch lange nicht in Rente gehen wird.
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