Montag, 27. April 2009

Montag, der 27. April 2009

Das Magazn KULTURFOCUS führte ein exklusives Gespräch mit Caroline Korff (27), der ältesten Tochter Charly Davidsons, das am Wochenende veröffentlicht werden wird. Hier die Vorabversion:

Frau Korff, am späten Nachmittag des 28. November 2008 ist Ihr Vater mit dem Gleitschirm tödlich verunglückt. Wie und wann erfuhren Sie von dem Unfall?


Caroline Korff: Ich lebe mit meiner eigenen Familie in Frankfurt am Main, aber an jenem Abend war ich weder zu Hause noch erreichbar. Erst am nächsten Morgen erfuhr ich es telefonisch von meiner Mutter. Im Nachhinein betrachtet sehe ich das Ganze nur als tragischen Schlusspunkt einer Veränderung im Weg meines Vaters. Auch im Wesen wurde er immer unsteter.

Sie hatten so ein Ende befürchtet?


Korff: Nein, obwohl mein Vater war schon geraume Zeit sehr krank war. Es wäre durchaus möglich gewesen, dass er die nächsten Jahre nicht mehr erlebt hätte. Aber mit einem plötzlichen Tod rechnet man da nicht.

Woran litt er?


CK: Die Diabetis, wobei er sich hierbei an keinerlei ärztliche Vorgaben hielt und nur selten Medikamente nahm. Ich habe ihm oft gesagt, dass jeder Pudding, den er aß, 25 Gramm Zucker hat, und er aß manchmal vier, fünf von ihnen am Tag. Dann seine Probleme mit dem Herz, auch im übertragenen Sinne. Alles war für ihn imer auch eine Herzensangelegenheit. Wenn ich allein daran denke, wie sehr ihm die zweite Scheidung zugesetzt hat, wie ihn das Drumherum traf, als er nach der Scheidung öffentlich gedemütigt wurde. Am Ende passte bei ihm einiges nicht mehr zusammen. Ich denke, er hatte vor sich selbst und seiner Gesundheit keine Achtung mehr.

Wann sahen Sie ihn das letzte Mal?

CK: Im September, als er von Usedom zurück kam. Da besuchte er uns, also mich meine Schwester und unsere Mutter. Er erzählte von seinem Solo-Urlaub in dere Villa Seedüwel, schwärmte von allem, obwohl es ihm gesundheitlich nicht gut ging, wie wir alle sehen konnten. Es war für mich traurig zu sehen, dass er es offenkundig nicht mehr schaffte, mit sich selbst und den Umständen richtig klarzukommen.

War der Unfall am Ende gar kein Unfall?

CK: Ein geübter Gleitschirmflieger - und mein Vater war ein sehr guter - hätte so einen Flug meistern können. Wie körperlich fit mein Vater kurz vor seinem Unfall war, kann niemand sagen. Er behauptete ja, dass er absolut fit wäre, was man aber sicherlich bezweifelen darf. Um es wertfrei auszudrücken, kann man sagen: sein Tod war ein Verkettung unglücklicher Umstände.

Nachdem feststand, dass er gestorben war, hat Ihre Familie mitgeteilt, die Umstände seines Lebens hätten ihren Vater "gebrochen".

CK: Er war nicht das passive Sandkorn, das im großen Getriebe des Lebens zermalmt wurde. Auslöser für sein Scheitern war er selbst, war seine Entscheidung, unsere Mutter und uns zu verlassen und mit seiner zweiten Frau ein anderes Leben zu beginnen, das dann kläglich gescheitert ist. Solche äußeren Krisen sind aber meiner Meinung nach auch nicht wirklich ausschlaggebend. Nein, meinem Vater wurde zum Verhängnis, dass ihm der innere Kompass abhanden gekommen war.

Er war nicht nur Opfer?

CK: Ich bin jedenfalls anderer Ansicht als der Rest meiner Familie. Die Eheprobleme, erst mit meiner Mutter und dann mit seiner späteren Frau haben nur bloßgelegt, welche Defizite mein Vater durch die Konstruktion seines unüberschaubaren Unternehmensgeflechts hatte.

Wer es gut mit Charly Davidson meinte, sagte, dass er seiner Zeit weit voraus war. Er betrieb als Nicht-Konzern-Einzelmensch ein erstaunlich großes Musikunternehmen, kaufte mit Vorliebe andere kleine Plattenlabels auf, die er für unterbewertet hielt, und finanzierte sie auf Pump. Wie stand die Familie dazu?

CK: Grundsätzliche Fragen wurden bei uns, egal ob vor oder nach der Trennung, viel zu selten gestellt: Was wolle er mit all diesen Firmen? Wofür stehen sie überhaupt? Welches Ziel gibt es ... außer vielleicht Profit? Den vor allem verlor mein Vater in den vergangenen Jahren aus den Augen ...

... bis sein Reich nach seinem Tode hoch verschuldet kollabierte. Ende vergangenen Jahres begannen die Banken, die Kontrolle zu übernehmen.

CK: Das ist ja auch ihr gutes Recht, denn sie hatten ja schließlich fast alles finanziert. Und ohne den Namen meines Vaters als Zugferd mussten sie wohl sehen, wohin alles gehen würde. Ich selbst habe mich über die Jahre immer öfter gefragt, wem er eigentlich was damit beweisen wollte.

So was klang für Ihren Vater sicher viel zu wenig künstlerisch.

CK: Wie sonst definiert sich eine Firma? Sie ist ein Kreislauf aus Entwicklung, Produktion und Verkauf von Produkten. Für mich ist es erstaunlich, wie viele Leute auch in Deutschland der Illusion anhängen: Wenn etwas groß ist, muss es auch gut sein. Eigentlich erschreckend, wie wenige das hinterfragen. Auch bei uns zu Hause wurde das einfach stillschweigend so gelebt.

Und Sie schwiegen mit?

CK: Ach, wissen Sie, es gab da auch absurde Momente. Nachdem er uns verlassen hatte, kam er trotzdem noch oft vorbei, meistens wenn Mutter nicht zuhause war, und bot mir Beteiligungen an einer seiner Fimen an: Best Side Records, CBQ, Spirit Of Germany, Worte & Musik und wie sie alle hießen. Da hab ich ihn mal gefragt "Was bezweckst Du mit all dem?", aber das verstand er nicht. Er meinte, er tue mir etwas Gutes damit, dass er mich an einer seiner Aktivitäten beteiligt.

Ihr Vater setzte also mehr auf externe Berater als auf die Meinung seiner Kinder.

CK: Men Vater verweigerte sich, ein Testament zu machen. Das hat er oft genug gesagt und meine Schwester und ich wussten, dass wir dann automatisch einmal die Erben sein würden. Ich denke, er hätte hier viel mehr auf uns hören sollen.

Stimmt es tatsächlich, dass es kein Testament Ihres Vaters gibt?

CK: Darüber wurde nach seinem Tode erheblich spekuliert, aber, ja, es gibt definitiv kein Testament. Sonst hätten wir den Erbschein nicht ausgestellt bekommen.

Was wird von Charly Davidsons Musik-Imperium übrig bleiben?

CK: Idell ist nichts übriggeblieben.

Und finanziell?

CK: Noch mal: Mein Gefühl war schon seit längerem, dass dieses verschachtelte Firmenkonstrukt nicht mehr funktionieren kann. Auch meine Schwester sieht das inzwischen so. Aktiv steuerbar ist heute ohnehin nichts mehr und da haben wir als erstes das Tonstudio in Hanau auflösen müssen, denn wir haben ja als Erben auch Vieles im Voraus zu bezahlen gehabt.

Hatten Sie seit dem Tod Ihres Vaters Gelegenheit, das Geschehene mit Ihrer Schwester und Ihrer Mutter aufzuarbeiten?

CK: Nein, auch wenn ich mir das wünschen würde. Die Ansichten zu vielen Dingen sind immer noch sehr unterschiedlich.

Ihre Mutter hat sich zurückgezogen. Ihre Schwester lebt in München. Sie selbst müssen derzeit für alles geradestehen, denn sie haben in den letzten Jahren wohl auch Verträge unterschrieben im Vertrauen darauf, ihr Vater werde schon wissen, was er tue?

CK: Nein, ich wollte zunächst immer wissen und verstehen, was ich unterschreibe. Das störte ihn aber eher. Jedenfalls werde ich auch in Zukunft jede mich betreffende Frage beantworten. Die Aufräumarbeiten beginnen gerade erst. Auch finanziell.

Sie haben einen Bekannten Ihrer Familie gebeten, ein Buch über das Leben Ihres Vaters zu schreiben. Wenn Sie sich Aufstieg und Niedergang Ihres Vaters ansehen - sehen Sie Parallelen zu so etwas wie den "Buddenbrooks" von Thomas Mann?

CK: Ich sehe Literatur überhaupt als wichtige Hilfe, Dinge zu reflektieren.

Wie viel Geld wird am Ende Ihnen und Ihrer Schwester übrig bleiben?

CK: Wir hoffen mit der Zeit immer mehr. Momentan ist alles schwierig. Jeder will Geld von uns, wir selbst haben immer noch keinen exakten Überblick, welches Vermögen mein Vater wo und wie hat oder hatte. Aber wir haben immer noch Menschen, die uns helfen, das alles zu überstehen. Und es gibt auch noch Geldinstitute, die uns, gegen Sicherheiten natürlich, Geld geben. Einige Freunde haben ein Großteil der Musikinstrumentensammlung meines Vaters übernommen, also abgekauft. So bleibt die wenigstens ziemlich kompakt erhalten. Vielleicht kommt auch wieder einmal die Zeit, wo man auf den Namen Korff oder Davidson uneingeschränkt stolz sein kann.

Frau Korff, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Montag, 13. April 2009

Montag, der 13. April 2009

In Charlys Bloggbuch werden ab Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:

NICHTS ALS DIE WAHRHEIT

Ich hab Dir / nichts als die Wahrheit / mitgebracht.
Das ist alles, was ich Dir noch geben kann.
Ich hab Dir / nichts als die Wahrheit / mitgebracht
und nun schaust Du mich fragend an.

Die Wahrheit ist oft das Letzte / was uns von den Lippen kommt,
meistens klärt sie alte Lügen auf.
Dabei sollte sie doch für alle Zeit / unser Lebensstandart sein,
doch das wäre wohl zu schön um wahr zu sein.

Der Mensch, der soll wahrhaftig sein / unsere Chancen dazu sind trotzdem klein,
man überschüttet uns mit viel reinem Wein / doch wir halten jeder Droge stand.
In der Kür sind wir voll Ehrgeiz / unsere Wahrheitspflicht ist Anreiz,
doch den Beweis bleiben wir schuldig / und das Schwindeln geht los.

Deshalb hab ich Dir / nichts als die Wahrheit / mitgebracht.
Das ist alles, was zwischen uns beiden zählt.
Ich hab Dir / nichts als die Wahrheit / mitgebracht
denn ich merke, dass Dich irgendetwas quält.

Mit weit geschlossnen Augen / reden wir aufeinander ein,
verwahrheitlost und weit ab vom Gefühl,
das der Andere von uns / noch in sich behütet hat,
und wir sagen, dass wir es gerade deshalb tun.

Die Wahrheit klingt oft kläglich / ihre Details sind meist unsäglich
ihre Klarheit unerträglich / deshalb gehen wir schlecht mit ihr um.
Doch jetzt wo die Fakten sprechen / bleibt keine Zeit mehr sie zu rächen,
die Wahrheit selbst ist das Verbrechen / und der Bote, der wird umgebracht.

Ich hab Dir / nichts als die Wahrheit / mitgebracht.
Das ist alles, was uns beiden noch bleibt.
Ich hab Dir / nichts als die Wahrheit / mitgebracht
und unser Weg, der ist nun vorbei.


[Text: Charly Davidson, Verlag: worte&musik © 2008]