Samstag, 28. März 2009

Samstag, der 28. März 2009

„Ich bin zum Orson Welles der Musikindustrie geworden. Man will mit mir Mittag essen, aber niemand will den Film finanzieren.“ (Scott Walker)

Mit diesem Zitat wird Rainer W. Sauer sein geplantes Buch "Rocklegende" über Charly Davidson einleiten, wie er gestern bei RADIO JENA erklärte. Es sage viel über den späten Charly Davidson aus, gesagt hat es aber, so Sauer, ein ganz anderer und zwar der ex-kommerziell orientierte "Walker Brothers"-Boss Scott Walker ("The Sun Aint Gonna Shine Any More"), der seit mehr als einem Vierteljahrhundert als unkommerzieller und somit 'wahrer' Musik-Künstler wirkt.

Nachdem er den Spät-Sechziger Split seiner Band (Walker war der Bassist und gleichzeitig Leadsänger, John Maus* der WB-Gitarrist und Sänger und
Gary Leeds der Schlagzeuger der "Walker Brothers") mit vier Solo-LPs kompensierte, versuchte Walker Mitte der 70er-Jahre den kommerziellen Erfolg durch eine Reunion der "Walker Brothers" zurück zu holen. Nachdem dies jedoch, wie Rainer Sauer gestern im Radio erzählte, den erwünschten Erfolg vermissen ließ, versuchte Scott Walker unter dem schützenden Signet seiner "Walker Brothers" (oder den "Brothers that never were", wie er es ausdrückte) einen künstlerischen Befreiungsschlag: mit textlixh wie musikalisch anspruchsvollen Kompositionen.

Doch auch dies fruchtete nicht und bei seinen Livekonzerten hinterlies er damals teil ungläubige, teils verzweifelte "Walker Brothers"-Fans, die sich fassungslos mit den unkommerziellen Früchten von Walkers Arbeit herumplagen mussten. Ohne jeglichen kommerziellen Erfolg zu haben warb ihn die Plattenfirma VIRGIN RECORDS an und das daraufhin von VIRGIN im Jahre 1983 veröffentlichte Album "Climate Of Hunter" wurde das am schlechtesten verkaufte Album des Labels; hoch gelobt zwar von den Kritikern war dieses Album für VIRGIN ein finanzielles Desaster. Als publik wurde, dass Scott Walker seinerzeit erhebliche Alkohol- und Drogenprobleme hatte, kündigte VIRGIN Walkers vertrag.

Bei einem anderen Label folgte mehr als ein Jahrzehnt später mit "Tilt" eine Platte, die seine Fans endgültig in zwei Lager spaltete. War "Tilt" z. B. für David Bowie das (Zitat) "beste Album aller Zeiten", schrieb der Kritiker des NEW MUSICAL EXPRESS, die Scheibe sei schlicht und einfach eine Verarsche und (Zitat) "Shit Of Art". Bowie meinte es dagegen ehrlich und produzierte einen, die Aufnahmen zum nächsten Walker-Album begleitenden, Film über Scott Walker unter dem Titel "30 Century Man". Die entsprechende Platte "The Drift" erschien 2006, elf Jahre nach "Tilt" und zweiundzwanzig nach
"Climate Of Hunter". Wie Rainer Sauer erzählte, liebte Charly Davidson alles, was Scott Walker jemals geschaffen hat, vor allem aber dessen Album-Trilogie "Climate Of Hunter"/"Tilt"/"The Drift". Grund genug für Sauer, wie er sagte, die Persönlichkeit Walkers in der "Rocklegende" zu verankern und zwar zum einen in der Zahl "11" und zum anderen in Charly Davidsons eigener "Todes-Album-Trilogie" (wie der SPIEGEL sie einmal bezeichnete) "DIE LETZTE ÖLUNG"/"BEGRÄBNIS"/"WISSEN-SCHAFFT-MACHT" sowie dem Einleitungszitat über Orson Welles.

Anders als Charly Davidson lebt Scott Walker noch, wurde im Januar 2009 sechsundsechzig Jahre alt und arbeitet weiterhin an der De-Kommerzialisierung der populären Musik.



*= weder verwandt oder verschwägert mit Ursula Maus

Keine Kommentare: