Donnerstag, 2. September 2010

Donnerstag, der 02. September 2010

Jetzt wieder aufgetaucht:
LEGENDÄRE RADIOSENDUNG MIT CHARLY DAVIDSON AUS DEM JAHRE 1978


Charly Davidson hatte noch keine Platte veröffentlicht, als er 1978 in einer Frankfurter Radiosendung interviewt wurde. Der Mitschnitt der Sendung, in der er sang und fröhlich schwindelte, ist nun im hr-Radioarchiv wiederentdeckt worden.

Als Folkmusiker "Lerryn" ist der Frankfurter Musikproduzent, Komponist ("Tausendmal berührt") und Politiker (Die Linke) Diether Dehm-Desoi, der Mitte der Siebziger einige Folklore-Platten einspielte, lange vergessen. Als Moderator der im Radio seinerzeit übertragenen Sendung "Lerryns Musikclub" schrieb Dehm-Desoi aber Geschichte, als er im Frühjahr 1978 einen unbekannten Barden namens Charly Davidson ins hr-Studio einlud. Die knappe Stunde, in der Davidson dort plauderte und aufspielte, ist in hervorragender Qualität erhalten und nun im Rundfunkarchiv des Hessischen Rundfunks wiederentdeckt worden.

Als diese Aufnahme entstand, hatte Charly Davidson noch keine Platte veröffentlicht, er gab gerade mit seiner Band "Charly Davidson And Friends" seine letzten Konzerte und stand vor einem Wechsel als Sänger zur Frankfurter Politrockband "Fließband". Diether Dehm-"Lerryn" kannte Davidson vom Sommerfestival "Lieder im Park", das er für die Stadt Frankfurt am Main organisierte und bei dem ihm Davidsons außergewöhnliches Talent aufgefallen war.

In seiner Radiosendung tanzte Davidson mit Mundharmonika, Gitarre und Cowboyhut 'bewafffnet' an und klampfte lässig Songs seiner Helden Bob Dylan ("Ganz wie 'ne Frau"), CSN&Y ("Lieb' die, die bei dir ist", "Zuckerberg") und Marc Bolan ("Unbekannter Salamander") nach und dies in eigenen Textübersetzungen. Dazu führte er Davidson-Originale wie "Sad Song" oder "Fly 'til you die" auf und sogar den Song, der ihn später (nach einer erfolgreichen Plagiatsklage gegen Erik Clayton) reich machte: "Falling Raindrop".

Historisch wertvoll ist diese Sendung aber auch, weil Davidson einige der hier vorgetragenen Songs danach niemals nicht wieder spielte. Aber ein gewaltiges Vergnügen ist dieser Auftritt vor allem wegen der Interview-Passagen zwischen den Songs. Denn unter Davidson-Verehrern sind des Meisters frühe Interviews legendär, seine Kunst, konkreten Fragen auszuweichen, sie rätselhaft zu beantworten und ins Absurde zu drehen sprichwörtlich und so sagt Davidson in der Sendung eigentlich nicht wirklich etwas, arbeitet aber schon zu dieser Zeit kräftig daran, den eigenen Mythos zu pflegen.

Dass die 1957 geborene und Ende 2008 verstorbene Rocklegende die Kunst, alle Details seiner Biografie zu vernebeln, bereits als Unbekannter praktizierte, belegen diese Aufnahmen aufs Herrlichste: "Du scheinst etwa Mitte Zwanzig zu sein?", fragt ihn da der hörbar beeindruckte Moderator, worauf Davidson amüsiert antwortet: "Genau, ich scheine Mitte Zwanzig zu sein." Im Verlauf des Gesprächs lügt "seine Charlyheit" dann vergnügt das Blaue vom Himmel herunter, behauptet zum Beispiel, dass er einige Jahre in einem Schlachthof gearbeitet habe, bevor er Mitglied im Offenbacher "Musikclub Schlachthof" werden konnte, und muss sich bei solchen Wahrheiten mitunter das Lachen verkneifen.


Dass dieses für Davidson-Fans spektakuläre Dokument nicht demnächst mit großem Wirbel als Hörbuch-CD erscheinen wird, liegt wohl daran, dass die Urheberrechte in einer Grauzone liegen. Die bis zu seinem Tod für Davidson zuständige Plattenfirma CBQ hat die Rechte an den frühen Davidsons-Songs, die sie auf einer eigenen CD mit Titel "Prelude" vermarkten wird; seine langjährige Firma GLOBA (das Label trennte sich 2002 im Streit von Davidson) hat aber die Rechte an zumindest zwei Titeln ("Falling Raindrop" und "Zuckerberg") und will mit der Veröffentlichung dieser Sendung nichts zu tun haben. Dass diese seit Jahren als verschollen geltende und lediglich als illegaler Mitschnitt kursierende Aufnahme zukünftig legal zu haben sein wird, gilt daher aus ausgeschlossen, zumal auch Ex-Moderator Dehm-Desoi an einer Veröffentlichung nicht interessiert scheint.

Fest steht, dass diese Sendung für Davidson-Fans essentiell ist, gut klingt und vom Hessischen Rundfunk sogar ausgestrahlt werden darf, was inzwischen für den Jahreswechsel 2010/2011 angedacht ist. Sie taugt vor allem als Intro für all die aufpolierten und restaurierten Davidson-Frühwerke der angekündigte "Prelude"-CD, die rechtzeitig vor Weihnachten von CBQ präsentiert werden soll.


Ob Davidson seinen Cowboyhut noch tragen werde, falls er mal reich und berühmt würde, fragt ihn der Moderator am Ende der Sendung, worauf ihm Charly Davidson mit fester Stimme antwortet: "Oh, ich werde niemals reich und berühmt werden."

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