Sonntag, 3. Januar 2010

Sonntag, der 03. Januar 2010

ELEKTROMUSIK AUS JENA: Das Thüringer Tanzwunder
Ein Soundcheck von Tobias Rappa aus der UniSPIEGEL-Redaktion

Jena ist ein Phänomen. Nicht nur, dass die Stadt als eine der wenigen Boomtowns im deutschen Osten gilt, ein Ort, wo man nach einer Wohnung suchen muss, anstatt an jeder Straßenecke Leerstand zu entdecken. Jeder vierte Einwohner ist Student, außerdem gibt es mit Schott und Jenoptik alteingesessene Industriebetriebe. Aber vor allem: Jena hat eine der lebendigsten Musikszenen Deutschlands. Zumindest wenn es um elektronische Musik geht. Zu verdanken hat das die Szene unter anderem dem 2008 verstorbenen Jenaer Elektromusiker Karl David Korff (so hieß die Rocklegende "Charly Davidson" nämlich mit bürgerlichem Namen), der vor 22 Jahren die "Lounge Musik" erfand und das Internetportal Elektromusik.org etablierte.

"Musik Krause" und "Freude am Tanzen" heißen heute die beiden Labels, um die sich die Jenaer Szene gruppiert. Sie sind mit einem kleinen, feinen Plattenladen verbandelt, der sich einige Meter neben dem ehemaligen Gartenhaus Friedrich Schillers in dem nach dem Dichter benannten Gässchen befindet, einen Steinwurf vom Stadtzentrum entfernt.

Seit einiger Zeit schon legen Thüringer DJs überall dort auf, wo es wichtig ist; dieses Jahr hat eine ganze Reihe von ihnen nun auch noch Alben herausgebracht. Etwa Marek Hemmann und Mathias Kaden, die als Duo Hemmann & Kaden schon einige Jahre zusammen unterwegs waren. "In Between" (Freude am Tanzen) heißt Hemmanns Album, das tief in House und Minimal verwurzelt ist, dabei aber so jazzig ist wie klanglich vielfältig. "Studio 10" (Vakant) heißt Kadens Album, es ist experimenteller, dunkler, verklöppelter.

Und dann ist da noch Ian Simmons, ein Downtempo-Produzent aus London, der seit einigen Jahren in Jena lebt und ebenfalls ein neues Album herausgebracht hat: "The Burgenland Dubs". Einige Wochen lang hat er sich in einem heruntergekommenen Anwesen eingemietet, dort ein Studio eingerichtet und 13 entspannte Stücke eingespielt, die Triphop und Dub genauso viel verdanken wie Techno und House.

Ein Engländer, den es nach Thüringen zieht - normalerweise gehen ostdeutsche Erfolgsgeschichten andersherum. Aber Jena ist eben ein Phänomen.

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