In Charlys Bloggbuch werden ab Januar 2009 regelmäßig Texte und Songtexte von ihm veröffentlicht. Heute ist es:
DAS GEHÖRT SICH NICHT
Das gehört sich nicht, yeah, yeah, yeah, yeah
Das gehört sich nicht, yeah, yeah, yeah, yeah
Das gehört sich nicht
Daß ich zu Dir gehör'.
Ich geh in den Club und zwar allwöchentlich
Und dort suche ich ganz allein nur Dich
Das gehört sich nicht, yeah, yeah, yeah, yeah
Das gehört sich nicht, yeah, yeah, yeah, yeah
Das gehört sich nicht
Daß ich zu Dir gehör'.
Ohne Dich bin mutterseelenallein,
In mein Herz kommt niemand anders rein
Das schwör' ich Dir bei meiner Seel':
In mein Herz kommt niemand anderes rein.
In uns'rem Club höre ich allwöchentlich
Ich wäre nicht gut genug für Dich, denn...
Das gehört sich nicht, yeah, yeah, yeah, yeah
Das gehört sich nicht, yeah, yeah, yeah, yeah
Das gehört sich nicht
Daß ich zu Dir gehör'.
Ohne Dich bin mutterseelenallein,
In mein Herz kommt niemand anders rein
Das schwör' ich Dir bei meiner Seel':
In mein Herz kommt niemand anderes rein.
In uns'rem Club höre ich allwöchentlich
Ich wäre nicht gut genug für Dich, denn...
Das gehört sich nicht, yeah, yeah, yeah, yeah
Das gehört sich nicht, yeah, yeah, yeah, yeah
Das gehört sich nicht
Daß ich nicht zu Dir gehör'.
[Musik: Lennon/McCartney "It Won't Be Long", Text: Charly Davidson, Verlag: worte&musik © 1974]
www.spiritofgermany.de | Aktuelle Informationen zur deutschen Rocklegende (*01.12.1957, †28.11.2008)
Samstag, 16. Oktober 2010
Samstag, 9. Oktober 2010
Freitag, 8. Oktober 2010
Freitag, der 08. Oktober 2010
Kaum zu glauben, aber schon zehn Jahre her:
Charly Davidson als Helfer in der Not
Der Hilferuf klang dringend, der Charly Davidson Anfang Oktober 2000 aus Hannover erreichte: "Wir sind eine Handvoll junger Philosophen und könnten bei unserem Kampf gegen die Schulweisheiten ein wenig Hilfe gebrauchen."
Absender des Schreibens war eine Grundschulklasse aus der niedersächsischen Landeshauptstadt, die Charly Davidson ein viertel Jahr zuvor auf dem EXPO-Gelände getroffen hatten, als dort das Theaterhaus Jena mit Regisseur Rainald Grebe und Puppenspieler René Marik das Theaterstück "Jena kocht!" aufgeführt hatten; Davidson war dabei als griechischer Held Odysseus aufgetreten; bereits einige Wochen zuvor spielte er live mit seiner Band in der EXPO-Box auf dem Ausstellungsgelände
Doch was zunächst nach einem launigen Fan-Scherz aussah, wurde am 8. Oktober 2000 zur Realität, als Charly Davidson den jungen Rebellen tatsächlich einen Besuch abstattete. Laut einem Bericht der HAZ erschien die Rocklegende komplett in Kostüm und Maske in der Grundschule und erkundigte sich nach der neunjährigen Anführerin des Aufstands, Eva-Maria Kühne. Sie hatte den Brief geschrieben, in dem sie "Odysseus" um Unterstützung beim Kampf gegen die Lehrer gebeten hatte.
Zu gewalttätigen Ausschreitungen kam es damals zwar nicht, aber der Besuch des Musik-Stars sorgte auch so für jede Menge Aufsehen an der Schule. Davidson war für RADIO JENA in Hannover und berichtete von dort vom bevorstehenden Ende der EXPO 2000, was sein Erscheinen im Klassenzimmer vermutlich begünstigt haben dürfte.
Charly Davidson als Helfer in der Not
Der Hilferuf klang dringend, der Charly Davidson Anfang Oktober 2000 aus Hannover erreichte: "Wir sind eine Handvoll junger Philosophen und könnten bei unserem Kampf gegen die Schulweisheiten ein wenig Hilfe gebrauchen."
Absender des Schreibens war eine Grundschulklasse aus der niedersächsischen Landeshauptstadt, die Charly Davidson ein viertel Jahr zuvor auf dem EXPO-Gelände getroffen hatten, als dort das Theaterhaus Jena mit Regisseur Rainald Grebe und Puppenspieler René Marik das Theaterstück "Jena kocht!" aufgeführt hatten; Davidson war dabei als griechischer Held Odysseus aufgetreten; bereits einige Wochen zuvor spielte er live mit seiner Band in der EXPO-Box auf dem Ausstellungsgelände
Doch was zunächst nach einem launigen Fan-Scherz aussah, wurde am 8. Oktober 2000 zur Realität, als Charly Davidson den jungen Rebellen tatsächlich einen Besuch abstattete. Laut einem Bericht der HAZ erschien die Rocklegende komplett in Kostüm und Maske in der Grundschule und erkundigte sich nach der neunjährigen Anführerin des Aufstands, Eva-Maria Kühne. Sie hatte den Brief geschrieben, in dem sie "Odysseus" um Unterstützung beim Kampf gegen die Lehrer gebeten hatte.
Zu gewalttätigen Ausschreitungen kam es damals zwar nicht, aber der Besuch des Musik-Stars sorgte auch so für jede Menge Aufsehen an der Schule. Davidson war für RADIO JENA in Hannover und berichtete von dort vom bevorstehenden Ende der EXPO 2000, was sein Erscheinen im Klassenzimmer vermutlich begünstigt haben dürfte.
Mittwoch, 6. Oktober 2010
Mittwoch, der 06. Oktober 2010
Magnetisierend - DER S.O.G. ALBUMTIPP:
"Le Noise" von NEIL YOUNG
Wie man ja weiß, propagierte Charly Davidson in einer Rubrik namens "Charlys Magnete" (heute angesiedelt auf der Webseite seines Fancclubs 'Lichtblicke') zeitlebens immer wieder interessante Musik von noch interessanteren Künstlern; zum letzten Mal eine Woche vor seinem tragischen Unfall mit der "Monster"-Box von David Thomas. Diese Tradition setzte der S.O.G.-Blog nach Charlys Ableben mit verschiedenen Albumtipps fort.
Dieses Mal widmen wir uns dem neuen Album von Neil Young, das dieser "Le Noise" getauft hat. "Le Noise" ist Wortspiel und gleichzeitig Dank an seinen Produzenten Daniel Lanois: Lanois / Le Noise. Und laut geht es auf dem Album auch zu, das aber ein Solo-Album im wahrsten Sinne des Wortes ist. Der Hörer fragt sich schon bald nach dem Start der nur 38 Album-Minuten, wo denn das Schlagzeug bleibt und wenig später, ob es überhaupt noch kommt. Um es vorweg zu nehmen: Nein, es kommt kein Schlagzeug. Young bestreitet dieses Solo-Album allein mit elektrisch verzerrten Gitarren und seiner markant-melancholischen Stimme. Dank Daniel Lanois liefert er dabei eine vielschichtige und stets spannenden Soundlandschaft ab, in der es nur so blitzt und donnert und echot und dabei unterstützt dies nur Youngs wieder erstarkte Qualität des Songwritings. Ähnlich wie bei "Trans" hat er hier wieder mal etwas Neues ausprobiert und sich und seinen Mythos dabei erneuert.
Ob Young oder Lanois jemals Charly Davidson zur Kenntnis genommen haben/hatten, bleibt verborgen, jedoch befinden sie sich mit zwei, drei der Sound/Song/Sound-Kreationen von "Le Noise" auf erstaunlicher Augenhöhe mit Davidsons Eskapaden während dessen "Ausbrecher"-Tour, als Charly im Mittelteil der Konzerte ein Solo-Set spielte, allein mit seiner Telecaster, seinem ZOOM 9000 Soundboard (siehe Abbildung rechts), der ECHOPLEX Echobox, seinem legendären GUYATONE Amp und der eigenen Stimme "bewaffnet". Wer will, kann es auf Davidsons 1993er-Live-Album "Tourneetheater Deutschland" noch einmal nachhören bei "Der Mann der nicht Moses war" und "Totgesagte leben länger".
Also: Kein Schlagzeug, keine Band, Neil Young pur an verzerrten Gtiarren und das winzige 38 Minuten lang...kann denn so etwas gut gehen? - Und wie! Schon beim ersten Akkord von "Walk with me" ist man gefangen in der neuen "jungen" Welt, fliegt bald bei jedem kreischnden Sound mit, die Kinnladen nach unten geklappt. NAPALM DEATH haben mal einen Song gemacht, "I Suffer", der der kürzeste Song der Welt ist, ein ganze 1,5 Sekunden langer Gitarrenaufschrei; "Le Noise" ist die Maxi-Maxi-Maxi-Version davon und der Hörer weiß plötzlich wieder, was Musik ausmacht, wie Musik sein muss und um was es bei Musik eigentlich geht.. Das ist die Botschaft von Neil Young und Daniel Lanois. Klar und deutlich, unmißverständlich unverzerrt trotz aller Verzerrer. Jimi Hendrix dürfte sie geliebt haben...und Charly Davidson erst recht. Einen Film von Neil Young gibt es auch zu "Le Noise" und zwar HIER; leider hat die GEMA in Deutschland verbieten lassen, dass man ihn sehen kann, was eine Schande ist.
Das S.O.G.-Webteam
"Le Noise" von NEIL YOUNG
Wie man ja weiß, propagierte Charly Davidson in einer Rubrik namens "Charlys Magnete" (heute angesiedelt auf der Webseite seines Fancclubs 'Lichtblicke') zeitlebens immer wieder interessante Musik von noch interessanteren Künstlern; zum letzten Mal eine Woche vor seinem tragischen Unfall mit der "Monster"-Box von David Thomas. Diese Tradition setzte der S.O.G.-Blog nach Charlys Ableben mit verschiedenen Albumtipps fort.
Dieses Mal widmen wir uns dem neuen Album von Neil Young, das dieser "Le Noise" getauft hat. "Le Noise" ist Wortspiel und gleichzeitig Dank an seinen Produzenten Daniel Lanois: Lanois / Le Noise. Und laut geht es auf dem Album auch zu, das aber ein Solo-Album im wahrsten Sinne des Wortes ist. Der Hörer fragt sich schon bald nach dem Start der nur 38 Album-Minuten, wo denn das Schlagzeug bleibt und wenig später, ob es überhaupt noch kommt. Um es vorweg zu nehmen: Nein, es kommt kein Schlagzeug. Young bestreitet dieses Solo-Album allein mit elektrisch verzerrten Gitarren und seiner markant-melancholischen Stimme. Dank Daniel Lanois liefert er dabei eine vielschichtige und stets spannenden Soundlandschaft ab, in der es nur so blitzt und donnert und echot und dabei unterstützt dies nur Youngs wieder erstarkte Qualität des Songwritings. Ähnlich wie bei "Trans" hat er hier wieder mal etwas Neues ausprobiert und sich und seinen Mythos dabei erneuert.
Ob Young oder Lanois jemals Charly Davidson zur Kenntnis genommen haben/hatten, bleibt verborgen, jedoch befinden sie sich mit zwei, drei der Sound/Song/Sound-Kreationen von "Le Noise" auf erstaunlicher Augenhöhe mit Davidsons Eskapaden während dessen "Ausbrecher"-Tour, als Charly im Mittelteil der Konzerte ein Solo-Set spielte, allein mit seiner Telecaster, seinem ZOOM 9000 Soundboard (siehe Abbildung rechts), der ECHOPLEX Echobox, seinem legendären GUYATONE Amp und der eigenen Stimme "bewaffnet". Wer will, kann es auf Davidsons 1993er-Live-Album "Tourneetheater Deutschland" noch einmal nachhören bei "Der Mann der nicht Moses war" und "Totgesagte leben länger".
Also: Kein Schlagzeug, keine Band, Neil Young pur an verzerrten Gtiarren und das winzige 38 Minuten lang...kann denn so etwas gut gehen? - Und wie! Schon beim ersten Akkord von "Walk with me" ist man gefangen in der neuen "jungen" Welt, fliegt bald bei jedem kreischnden Sound mit, die Kinnladen nach unten geklappt. NAPALM DEATH haben mal einen Song gemacht, "I Suffer", der der kürzeste Song der Welt ist, ein ganze 1,5 Sekunden langer Gitarrenaufschrei; "Le Noise" ist die Maxi-Maxi-Maxi-Version davon und der Hörer weiß plötzlich wieder, was Musik ausmacht, wie Musik sein muss und um was es bei Musik eigentlich geht.. Das ist die Botschaft von Neil Young und Daniel Lanois. Klar und deutlich, unmißverständlich unverzerrt trotz aller Verzerrer. Jimi Hendrix dürfte sie geliebt haben...und Charly Davidson erst recht. Einen Film von Neil Young gibt es auch zu "Le Noise" und zwar HIER; leider hat die GEMA in Deutschland verbieten lassen, dass man ihn sehen kann, was eine Schande ist.
Das S.O.G.-Webteam
Montag, 4. Oktober 2010
Montag, der 04. Oktober 2010
Vor 20 Jahren, am 03. Oktober 1990, erschien das Album »ODYSSEUS« von Charly Davidson
Hier ein Bericht aus dem "TEMPO"-Magazin vom Oktober 1990, verfasst von Steve Griffin:
Sieben Minuten Stille, damit endet das siebente Studioalbum des in Frankfurt am Main ansässigen Deutsch-Rock-Stars Charly Davidson, der in den letzten Jahren international auch als Erfinder der "Lounge Musik" bekannt wurde, dies aber unter seinem richtigen Namen Karl David Korff.
Sein neues Werk (eine Doppel-CD/Doppel-LP) hat Davidson mit viel Pathos "ODYSSEUS" getauft und man wird, selbt als eingefleischter Fan (oder gerade dann) wohl noch Wochen brauchen wird, um es in seiner ganzen Komplexität, seinem Wirbeln von Zeichen, Zitaten, Narreteien und Pamphleten zu begreifen. Dennoch sei hier schon einmal eines klargestellt: Ein besseres, beängstigenderes, ja, bedeutsameres deutschsprachiges Album wird es dieses Jahr kaum noch geben.
Nach schroffen Attacken auf unsere Gesellschaft und die Menschen, die in ihr leben, auf seinen Alben 1 bis 3 ("Kontaktaufnahme", "Das kleine Mal" und "Zeichensprache"), nach dem Erreichen der Lust als Vorstufe zur großen Panik auf seinen Alben 4 bis 6 ("Lichtblick", "So! Zusagen" und "Viel Spaß") ist Davidson nun bei Deutschand im Allgemeinen und den großen Zusammenhängen des Privaten mit dem Weltbewegenden, sprich: der melancholischen Tragödie, angekommen.
Nennen wir es ein Nebengleis in seinem Musikwerk, aber Davidson leitet aus ihm die Gewissheit ab, Popmusik diene in Deutschland nur dazu, uns vorzugaukeln, unsere Probleme hätten nur mit uns selbst zu tun, nicht mit dem System. Und er lenkt ganz geschickt mit Titelnamen wie "Vaterland", "Schweren Herzens", "Trojanische Pferde", "Traue keiner Antwort", "Zwei Hymnen", "Ideal und Wirklichkeit", "Einigkeit und recht auf Freiheit", "Öde Ode (für die Verlierer der Wende)" oder "Wir sind Helden" sowie dem Veröffentlichungszeitpunkt am Tag der neuen Deustchen Einheit - der Verschmelzung zweier Staaten, die irgendwie zusammengehören sollen oder müssen - von der griechischen Tragödie und den Irrfahrten des Ithakers ab ... und will doch genau dies erreichen: die Parallele zwischen der Odyssee und der Deutschen Gegenwart.
"Man sieht: im Großen und Ganzen / alles ist beim Alten / im Rahmen neuer Tolleranzen / Nur, daß man irgendwie spürt / besser wäre es, einfach aufzuhören / gilt es doch weiterhin / unsere Erde zu zerstören", sind Zeilen aus dem 6 Minuten 30 langen Schlußepos "Wir sind Helden" (auf das nur noch die Stille folgt), das damit die gut 50 Minuten zuvor gehörter Musik zu verhöhnen scheint. Schöne, musikalisch aufs Wesentliche reduzierte Lieder gibt es da, die mal Dylan, mal die Stones, mal New Order evozieren. Produzent und Davidson-Kompanion Helmut Prosa hatte, so hört man, freie Hand, Davidsons Lieder in, zum Text passende, Klanggemälde umzuwandeln.
Überhaupt machen die Songtitel ein ganzes Fass popgeschichtlicher Klassiker auf und sind schon von der Wortwahl her vertrautes Terrain für den Hörer. Und doch wird man den Eindruck nicht los, diese ganze Exposition aus 13 grandiosen Songs auf zwei Tonträgern diene nur als Verwirrspiel, denn am Ende, mit "Vaterland (Eine Rückkehr)", eben der angesprochenen sieben Minuten Stille, wird jedes Mikadostäbchen der Deutung und Verortung lustvoll vom Tisch gefegt, bis als logische Folge nur die Sprachlosigkeit übrig bleiben kann. Und - besonders clever von Davidson - die Stille macht schon mal neugierig auf sein nächstes Album.
Bis dahin kann man sich an 13 Liedern (plus 1 x Stille) über die Vereinsamung und Vereinzelung des Individuums erfreuen, die Davidson durchaus in Einklang mit der schier endlosen Seefahrt des Odysseus setzt. Dieses Doppelalbum ist mehr als das Erkennen der möglichen Folgen der Wiedervereinigung Deutschlands für die Deutschen, dieses Album ist die Kampfansage einer Mannes, der mit Ideologien und großen Worten fürs erste gebrochen hat, sich besonnen hat aber sich nicht aufgegeben. Bei Charly Davidson, einst Ikone der Intellektuellen Deutschlands, ging es schon immer um etwas Elementares. Und mit "Odysseus" kommt jetzt endlich auch der Ernst des Lebens im hier und heute mit ins Spiel.
Hier ein Bericht aus dem "TEMPO"-Magazin vom Oktober 1990, verfasst von Steve Griffin:
Sieben Minuten Stille, damit endet das siebente Studioalbum des in Frankfurt am Main ansässigen Deutsch-Rock-Stars Charly Davidson, der in den letzten Jahren international auch als Erfinder der "Lounge Musik" bekannt wurde, dies aber unter seinem richtigen Namen Karl David Korff.
Sein neues Werk (eine Doppel-CD/Doppel-LP) hat Davidson mit viel Pathos "ODYSSEUS" getauft und man wird, selbt als eingefleischter Fan (oder gerade dann) wohl noch Wochen brauchen wird, um es in seiner ganzen Komplexität, seinem Wirbeln von Zeichen, Zitaten, Narreteien und Pamphleten zu begreifen. Dennoch sei hier schon einmal eines klargestellt: Ein besseres, beängstigenderes, ja, bedeutsameres deutschsprachiges Album wird es dieses Jahr kaum noch geben.
Nach schroffen Attacken auf unsere Gesellschaft und die Menschen, die in ihr leben, auf seinen Alben 1 bis 3 ("Kontaktaufnahme", "Das kleine Mal" und "Zeichensprache"), nach dem Erreichen der Lust als Vorstufe zur großen Panik auf seinen Alben 4 bis 6 ("Lichtblick", "So! Zusagen" und "Viel Spaß") ist Davidson nun bei Deutschand im Allgemeinen und den großen Zusammenhängen des Privaten mit dem Weltbewegenden, sprich: der melancholischen Tragödie, angekommen.
Nennen wir es ein Nebengleis in seinem Musikwerk, aber Davidson leitet aus ihm die Gewissheit ab, Popmusik diene in Deutschland nur dazu, uns vorzugaukeln, unsere Probleme hätten nur mit uns selbst zu tun, nicht mit dem System. Und er lenkt ganz geschickt mit Titelnamen wie "Vaterland", "Schweren Herzens", "Trojanische Pferde", "Traue keiner Antwort", "Zwei Hymnen", "Ideal und Wirklichkeit", "Einigkeit und recht auf Freiheit", "Öde Ode (für die Verlierer der Wende)" oder "Wir sind Helden" sowie dem Veröffentlichungszeitpunkt am Tag der neuen Deustchen Einheit - der Verschmelzung zweier Staaten, die irgendwie zusammengehören sollen oder müssen - von der griechischen Tragödie und den Irrfahrten des Ithakers ab ... und will doch genau dies erreichen: die Parallele zwischen der Odyssee und der Deutschen Gegenwart.
"Man sieht: im Großen und Ganzen / alles ist beim Alten / im Rahmen neuer Tolleranzen / Nur, daß man irgendwie spürt / besser wäre es, einfach aufzuhören / gilt es doch weiterhin / unsere Erde zu zerstören", sind Zeilen aus dem 6 Minuten 30 langen Schlußepos "Wir sind Helden" (auf das nur noch die Stille folgt), das damit die gut 50 Minuten zuvor gehörter Musik zu verhöhnen scheint. Schöne, musikalisch aufs Wesentliche reduzierte Lieder gibt es da, die mal Dylan, mal die Stones, mal New Order evozieren. Produzent und Davidson-Kompanion Helmut Prosa hatte, so hört man, freie Hand, Davidsons Lieder in, zum Text passende, Klanggemälde umzuwandeln.
Überhaupt machen die Songtitel ein ganzes Fass popgeschichtlicher Klassiker auf und sind schon von der Wortwahl her vertrautes Terrain für den Hörer. Und doch wird man den Eindruck nicht los, diese ganze Exposition aus 13 grandiosen Songs auf zwei Tonträgern diene nur als Verwirrspiel, denn am Ende, mit "Vaterland (Eine Rückkehr)", eben der angesprochenen sieben Minuten Stille, wird jedes Mikadostäbchen der Deutung und Verortung lustvoll vom Tisch gefegt, bis als logische Folge nur die Sprachlosigkeit übrig bleiben kann. Und - besonders clever von Davidson - die Stille macht schon mal neugierig auf sein nächstes Album.
Bis dahin kann man sich an 13 Liedern (plus 1 x Stille) über die Vereinsamung und Vereinzelung des Individuums erfreuen, die Davidson durchaus in Einklang mit der schier endlosen Seefahrt des Odysseus setzt. Dieses Doppelalbum ist mehr als das Erkennen der möglichen Folgen der Wiedervereinigung Deutschlands für die Deutschen, dieses Album ist die Kampfansage einer Mannes, der mit Ideologien und großen Worten fürs erste gebrochen hat, sich besonnen hat aber sich nicht aufgegeben. Bei Charly Davidson, einst Ikone der Intellektuellen Deutschlands, ging es schon immer um etwas Elementares. Und mit "Odysseus" kommt jetzt endlich auch der Ernst des Lebens im hier und heute mit ins Spiel.
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