Donnerstag, 20. November 2008

Donnerstag, der 20. November 2008 / Edit

CHARLYS MAGNETE - Der Tipp im November 2008

David Thomas: "MONSTER"
(5 CD Audio Box)
- veröffentlicht 1997 -
- wiederveröffentlicht im letzten Jahr -

Da ist sie also wieder, die legendäre Box mit fünf der sechs Alben, die "Pére Ubu"-Erfinder David Thomas in den 80ern aufgenommen hat, als er sich von "Vater Ubu" lossagte, weil ihm die Kommunikation mit den anderen Gruppenmitgliedern (oder zumindest einigen davon) zu schwierig und nervenaufreibend erschien. Übrigens ist die sechste, 1982 in Bayern aufgenommene LP von David Thomas ("Winter Comes Home", eine Kunstkopf-Liveaufnahme) in dieser Box NATÜRLICH nicht enthalten, denn David sagte sich von ihr ebenso los, wie einst von seiner Band ... sagen wir mal: es war nicht unbedingt die Lieblingsplatte des Meisters und er verschieg sie später schlichtweg, tilgte sie vollständig aus seinem Œuvre. Wer sie auf irgendeiner Plattenbörse findet, der muss dafür sicherlich tief in die Tasche greifen und erhält dafür spannende Musik, jedenfalls wenn der geneigte Hörer über starke Nerven verfügt. Aber Obacht!!! Herr Thomas sieht so etwas nicht gerne und sagte dazu in der BBC (!) schon mal: "Those who aim to claim copies are troublemakers. Please report them to the Grocery Police".

Nun aber zum Hauptwerk, das er "Monster" taufte und das ich allen meinen Fans ans Herz legen möchte:

CDs # 1 - 4 (= eine Zusammenfassung von fünf Thomas-Alben): Nehmen wir mal z. B. die CD # 2 der Box, "Variations On A Theme", 1983 veröffentlicht als zweite von zwei Platten, denen Gitarrist Richard Thompson als praktisch gleichwertige Stimme neben Thomas' eigener seinen Stempel aufdrückte.Sie ist nunmehr nicht nur im Hinblick auf Sound an Brillanz und Transparenz mit der LP-Version kaum noch zu vergleichen. Dagegen klingt der 1981er-Vorgänger, "The Sound Of The Sand & Other Songs Of The Pedestrians" (seinerzeit bei Klaus Schulzes IC-Label auf Vinyl in 45 Umdrehungen in exzellenter Preßqualität erschienen und die CD # 1 in der "Monster"-Box) wohl kaum meßbar schlechter als die CD-Version.
Und dann erst das selbsterklärte Opus Magnum von David Thomas, das fulminant-spartanische, vor inspirierter Kommunikation zerberstende "Monster Walks The Winter Lake" (1986, das ja der Box den Namen gab) oder "Blame The Messenger" (1987), eigentlich dank der Mitwirkung ehemaliger "Pére Ubu"-Mitglieder eine "Ubu"-Album (beide finden sich in der Box auf CD # 4), oder das 1985er-Album "More Places Forever" (Box CD # 3) - alle zeigen die pure Lust am Musikexperiment, die Thomas' Leben prägt und prägte. Und heute ist der 1953 in Miami geborene Künstler ein fleischgewordenes Alien: 150 Kilo schwer und nicht von dieser Musik-Welt und es gibt nicht wenige Fans, die behaupten zwischen 1981 und 1987 habe er seine kreativste Zeit gehabt ... also bitte: David Thomas! - Nicht Charly Davidsons!!!

CD # 5 "Meadville": Die fünfte CD ist eine bisher unveröffentlichte 1996er Liveaufnahme die David Thomas als großen amerikanischen Erzähler und Stilisten im eigenen Werk und Schaffen zeigt. Man bemerkt hier Thomas als einen Künstler, vergleichbar Max Goldt, der sich nicht notwendigerweise selbst kopiert, wenn er sich wiederholt. Was er und seine zwei Mitmusiker hier via Stimme, Akkordeon, midi-ansteuernder Gitarre und einem, wie David Thomas es getauft hat, "trumpet machine thing" live fabrizieren ("Don't worry. You're not being cheated. Guaranteed live, in the moment, generated by actual, though pale, human beings." - Also: Keine Zuspielbänder und andere Tricks!), lässt Vieles, was sich gerne selbst innovativ und aufregend nennt, plötzlich als "hyperpeinliche Augenwischerei" (wie es mein Freund Brain One genannt hat) erscheinen. - Vielleicht mein wirkliches Überlicht der Box, da ich doch alle anderen Titel und Aufnahmen vorher schon kannte.

Abschließend kann ich mich nur dem amazon-Kommentar von A.M.M.F aus Frankfurt an der Oder anschließen, der schon 2001 schrieb: "Endlich! Das Pendant zur Pere Ubu-Box Datapanic in the year zero bietet sämtliche Thomas Alben in hervorragender Klangqualität. Was wird uns geboten? Absonderliches in feine Melodien gewoben, Eruptionen nie versiegender Kreativität, von der E-Gitarre bis zur Quetschkommode ist alles vorhanden, zynische Lyrik, philosophische Gedanken an ein "den-Wintersee-wanderndes" Monster, etc., etc.. Und über allem die erhabene Stimme des Vater Ubu: David Thomas. Nichteingeweihte werdet erleuchtet! Was dieser Mann verkörpert ist nicht ausschließlich 150 Kilogramm Lebendgewicht, es ist die transzendente Aura eines ewig währenden Genius mit aller Überheblichkeit eingeschlossen. Beste CD-Box aller Zeiten? Vielleicht. Auf jeden Fall für die Hybris des ergebenen Fans."

s.i.c.

Euer Charly


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